Die Migros ist ein sonderbares Unternehmen. Die Strukturen der Genossenschaft sind byzantinisch, die Entscheidungswege mitunter schwer zu durchschauen. Und das Verbot vom Alkohol- und Tabakverkauf ein Alleinstellungsmerkmal, an dem die M-Gewaltigen über Jahrzehnte festhielten. Bis heute Mittag.

Künftig können – auch hier in einem hochkomplexen Verfahren – die zehn Regionalgenossenschaften selber darüber befinden, ob sie in ihre Filialen Alkohol, also Wein, Spirituosen, offeriert wollen. Eine klare Mehrheit der 107 M-Delegierten hat heute diese Wahlfreiheit in den Regionalgenossenschaften möglich gemacht.

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«Am grossen Bremser der Migros, der Regionalstruktur, ändert der Entscheid überhaupt nichts.»

Treibende Kräfte dieser Alkohol-Offensive stammen aus der Romandie und dem Tessin, die schon lange auf eine Liberalisierung pochen. Doch auch in Zürich und der Ostschweiz hat die Wein-Fraktion ihre Anhänger. Sie hat in den letzten Jahren Auftrieb erhalten, weil sich kleinere, wenig rentablen Genossenschaften – etwa im Tessin und Romandie – schwer tun, ihre Umsätze zu halten, zumal ihnen aggressive Anbieter wie Coop, Lidl oder Aldi das Wasser abgraben oder die preissensitive Kundschaft lieber im nahen Ausland einkauft.

Schwieriger aber wirds, wenn künftig, sagen wir, fünf Genossenschaften den Alkoholverkauf zulassen, die anderen fünf aber nicht. Ein alkoholischer Flickenteppich würde die Migros jedenfalls wirtschaftlich kaum weiterbringen, um Marktführer Coop ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Dafür wäre eine breite Alkohol-Offensive aller regionalen Genossenschaften vonnöten. Wer die Verkaufslizenz, die nun die Delegierten gutgeheissen haben, aufnimmt und in den Läden umsetzt, wird man erst in ein bis zwei Jahren wissen. Am grossen Bremser der Migros, der Regionalstruktur, ändert der Entscheid überhaupt nichts.