Paola Roncati würde es wieder tun. Als die heute 27-jährige Tessinerin nach ihrem Wirtschaftsstudium an der Uni Zürich, Fachgebiet Corporate Finance, im Januar 2006 ihren ersten Schritt ins Erwerbsleben tat, begann sie ein Trainingsprogramm bei der UBS. Damals notierte der Börsenkurs der Grossbank noch bei 60 Franken, Milliardengewinne stählten die Erfolgsrechnung, weitere Aufschwungstendenzen waren auszumachen. Jetzt, 29 Monate später, bewertet die Börse das Geldinstitut noch zur Hälfte des damaligen Kurses, eine harte Aufholarbeit steht dem neuen UBS-Management bevor. Roncati macht mit.

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Die Tessinerin hat nach ihrem 18-monatigen Graduate Training Program eine feste Stelle im Bereich Firmenkunden der UBS angetreten. «Für mich war immer klar», sagt die junge Frau aus Gordola, «dass ich für eine grosse Schweizer Bank arbeiten wollte, die führend im internationalen Umfeld tätig ist.» Nach einem Praktikum bei der UBS hatte Paola Roncati die Gelegenheit, mit ehemaligen Trainees zu sprechen und sich als umworbenes Talent ein vertieftes Bild zu machen. Ein Bild, das auch heute noch stimme, wie Roncati versichert: «Mein Entscheid war richtig. Trotz schwierigen Zeiten ist die UBS eine Firma, die viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet.»

Mit dieser Meinung steht die Tessiner Finanzspezialistin nicht alleine da. Trotz allen Schwierigkeiten, welche die Grossbank in den letzten Monaten im grellen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu bewältigen hatte und immer noch hat: Auch dieses Jahr, in der zehnten Ausgabe der Universum-Studie, die Studenten nach den bei ihnen beliebtesten Arbeitgebern fragt, thront die UBS wieder zuoberst auf der Liste.

Dass die UBS trotz widrigen Umständen auch dieses Jahr wieder an der Spitze der Kategorie Business steht, war auch für Axel Keulertz, Research Director Deutschland, Österreich, Schweiz bei Universum Communications, eine Überraschung. Keulertz relativiert den Spitzenrang der Grossbank: «Die Topstellung der UBS sagt weniger über ihr heutiges Standing aus als über ihre starke Position zuvor. 2007 hatte die UBS noch einen Abstand von über zehn Prozentpunkten auf die Credit Suisse; dieser Vorsprung ist dieses Jahr auf weniger als drei Punkte geschrumpft.» Wohl auch deshalb, weil die Studenten während der Befragungszeit – sie dauerte von Dezember 2007 bis April 2008 – bereits von den Marktschwierigkeiten der UBS wussten. Dass es die Grossbank trotzdem noch einmal an die Spitze schaffte, begründet Keulertz auch mit einem gewissen «Information Time Lag» bei den Studenten: «Wenn sich Unternehmen medial mit Abbau bemerkbar machen, signalisiert das den Uni-Absolventen, dass sie ein Stressszenario erwarten kann, verbunden auch mit schwächeren Karrieremöglichkeiten. Aber diese Entwicklungen kommen bei Studenten oft zeitverzögert an.» Dieser Time Lag, den Keulertz mit «sechs bis neun Monaten» beziffert, erkläre sich daraus, dass der berufliche Einstieg zum Zeitpunkt der Befragung noch in mittlerer Ferne liege und sich Studenten noch nicht unmittelbar betroffen fühlten, wenn die Bad News publik würden.

SWISS AUF ERFOLGSKURS. Gepunktet hat die UBS im Bereich Business vor allem bei den männlichen Studenten, welche die Grossbank auf ihre persönliche Nummer-eins-Position hievten. Bei den Frauen hingegen steht Nestlé an der Spitze, gefolgt von der UBS. Auch wenn sich die Grossbank das Tessiner Talent Roncati in den Bereich Firmenkunden holen konnte, ist sie mit ihrer beruflichen Neigung und Vorliebe eine Ausnahme. Was auffällt im Gender-Verhalten der Schweizer Studierenden: Männer wählten acht Banken, Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfer in ihre Top 11, Frauen hingegen nur drei Firmen aus diesen Bereichen. Stark punkten konnten bei den Frauen dagegen L’Oréal (3.), die Swatch Group (6.), Procter & Gamble (7.) und das IKRK (9.). Ein Klischee findet in der Untersuchung von Universum seine Bestätigung: «Männer sind bei der Auswahl ihrer Lieblingsunternehmen eher zahlen-, Frauen eher marketinglastig», kommentiert Keulertz, «und zwar in allen Ländern.» Zudem suchten sich die Männer von Anfang an Branchen aus, welche die besten Löhne bezahlten.

Einen starken Auftritt hatte die Airline Swiss in der diesjährigen Befragung. Frauen setzten das Unternehmen auf Platz acht ihrer Business-Wunschliste, Männer auf Rang neun. Dabei wird wohl eine Rolle gespielt haben, dass sich die Airline nach turbulenten Jahren wieder als Job-Aufbauerin bemerkbar machte, auch wenn das Stellenwachstum bisher vor allem Piloten und Flight Attendants betrifft. Klassische «Career Start»-Programme, wie sie etwa Banken bieten, kennt die Swiss zwar nicht, dafür bietet die Airline für junge Neueinsteiger mit Hochschulabschluss oder ähnlicher Qualifikation seit kurzem das Swiss Young Network, das der Vernetzung der Mitarbeitenden dient und Einblicke in andere Bereiche ermöglicht. Zum ersten Mal aufgenommen in die Liste wurde dieses Jahr Google: Die Firma, die derzeit «everybody’s darling» zu sein scheint, schwang sich gleich in allen drei Ranking-Listen aus dem Stand in die Spitzenränge auf.

ABB VOR GOOGLE. Starke Anbieter von Einstiegsstellen sind traditionsgemäss die Grossunternehmen aus Banking und Pharma, ferner Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer. ABB Schweiz stellt jährlich rund 150 Hochschul- und Fachhochschulabsolventen ein. Der Energiekonzern schaffte es mit grossem Vorsprung an die Spitze der beliebtesten Arbeitgeber im Bereich Engineering, gefolgt von Alstom und Google.

Wirtschaftsingenieur Gil Fischer (25) ist seit November 2007 im Trainee-Programm der ABB, das 18 Monate dauert und ihn an drei Firmenstationen führt. Seinen Arbeitgeber hat er nach der Devise «Studieren geht über Probieren» ausgewählt – wie so viele Vertreter seiner «Generation Y» (siehe «Sie wissen, was sie wollen» auf Seite 53), welche die mediale Darstellung einer Firma damit abgleichen, was in ihren Netzwerken an Fakten berichtet wird. «ABB gefiel mir am besten» sagt der Rorschacher, «weil sich bei dieser Firma die Schnittmenge aus öffentlichem Image, Mundpropaganda und persönlichen Berichten am besten darstellte.» Fischer, der derzeit in der Division Robotik in Zürich Oerlikon arbeitet, möchte dereinst eine internationale Laufbahn einschlagen. Was ihm am ABB-Trainee-Programm ebenfalls gefällt: «Während des Programms kommt es zu Kaminfeuergesprächen mit der obersten Unternehmensleitung – so fühle ich mich ernst genommen.» In einem Punkt sind sich der ABB-Trainee Gil Fischer und die Tessiner Finanzfachfrau Paola Roncati ähnlich: Beiden war es bei der Wahl der Firma wichtig, dass sie «intellektuell herausgefordert» sein würden und dass dort die Möglichkeit für eine internationale Laufbahn zumindest vorhanden wäre. Die Themen Lohn und Work-Life Balance rangieren weiter unten – oder werden bei Firmen internationalen Zuschnitts als mindestens zufrieden stellend vorausgesetzt.
An der Spitze der Rangliste für den Bereich «Natural Sciences» thronen – keine Überraschung im Pharma-Land Schweiz – die Basler Grosskonzerne Novartis und Roche. «Ich hatte das Glück, gleich von drei potenziellen Arbeitgebern für eine Stelle angefragt zu werden», sagt Thomas Huber (32). Der Schaffhauser, der an der Universität Zürich Biochemie studierte, hat sich für Novartis entschieden, wo er Anfang Jahr seine Stelle als Laborleiter für molekularbiologische Arbeiten antrat. Huber entschied sich gegen zwei kleinere Firmen und für den Pharma-Riesen, «weil das Forschungsumfeld hier sehr innovativ, der Austausch mit anderen Wissenschaftlern exzellent und die Entwicklungsmöglichkeiten sehr gut sind».

TOP-ADRESSE. Blickt Huber an seinem Arbeitsplatz aus dem Fenster, dann schaut er auf einige Baukräne. Der im Bau befindliche Campus, mitsamt Fitnesscenter und Grünflächen, gehört zu den Zusatzleistungen, die Novartis ihren Angestellten bietet. Dass die Firma im amerikanischen Cambridge ein weltweites Forschungszentrum für neue Medikamente unterhält, eröffnet Huber auch Chancen auf einen Auslandeinsatz.

Die Achtung seiner Uni-Kollegen dürfte ihm sicher sein, denn, «unter Akademikern gilt Novartis als absolute Top-Adresse». Die Basler rekrutieren emsig an den Hochschulen: Pro Jahr bietet die Firma rund 90 Ausbildungsplätze für Uni-Absolventen an.

In Zeiten des «War for Talents» und ausgetrockneter Märkte halten die meisten Schweizer Firmen die Zahl ihrer Ausbildungsplätze für Uni-Absolventen hoch. Ausnahme: Der Spitzenreiter des Business-Rankings. Die schwierigen Zeiten bei der UBS machen sich auch in der Ausbildung bemerkbar. Bleibt sich die Zahl der angebotenen Lehrstellen im kaufmännischen Bereich gleich, so reduziert die UBS ihre Einstiegsstellen im sogenannten Graduate Training Program. Letztes Jahr noch bot die Bank 220 solcher Plätze für Uni-Absolventen an, dieses Jahr, sagt UBS-Sprecher Axel Langer, «sind es 150».

Andreas Güntert
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