Der Co-CEO ist das Gegenteil des Alphamännchens. Er klärt vor der Übernahme des Jobs mit seinem Gegenüber, was er kann und was er nicht kann. Er muss spüren, wie er und sein «Gspänli» von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen werden. Und er muss damit leben können, dass sein Co-Player genauso im Rampenlicht steht wie er und vielleicht sogar ein bisschen mehr.

SAP-Chef Christian Klein konnte das offenbar nicht. Oder war es seine Co-Chefin Jennifer Morgan, die alleine im Rampenlicht stehen wollte? Immerhin war sie als erste Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns und damit automatisch ein Star. Fakt ist: Schon wieder ist ein Co-CEO Modell spektakulär gescheitert. SAP-Co-Chefin Jennifer Morgan geht per sofort, ihr bisheriger Führungspartner Christian Klein leitet SAP künftig alleine.

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Hilflose Begründung

Die offizielle Begründung der Firma ist, dass die Corona-Krise schnelles und entschlossenes Handeln brauche. Und eine «hierbei unterstützende Führungskultur». Im Klartext: Bei Schönwetter experimentieren wir mit modernen Führungsmodellen. Wenns hart auf hart kommt, muss aber einer entscheiden. Und zufällig ist das wieder ein Mann. Deswegen ist SAP-Co-Chefin Morgan spätestens in zehn Tagen weg. Prekär wird die offizielle Kommunikation der Firma, als Christian Klein erklärt, er und Morgan würden sicherlich «Freunde bleiben».

Die wahren Hintergründe dieser Entscheidung werden wir so schnell nicht erfahren. Klar ist: Die Rolle des Co-CEO ist äusserst komplex - und sie hat mit den Ego-Shootern der Teppichetagen wenig zu tun. Wenn die offizielle Erklärung von SAP stimmt und man das Modell beim ersten (wenn auch heftigen) Gegenwind über Bord wirft, hat man von den Chancen dieses Führungsstils nichts verstanden. Und Corona greift neben den Firmenwerten nun auch noch moderne Führungsmodelle an.

Gerade IT-Branche hat viele Positivbeispiele

Das Scheitern der SAP-Spitze ist auch deshalb so bitter, weil von ihr eine Signalwirkung ausging. Und gerade die IT-Branche schien bisher sehr Co-CEO-affin zu sein. Der Schweizer IT-Dienstleister Trivadis etwa fährt mit dem Modell sehr erfolgreich.

Nun reiht sich SAP in die leider auch nicht kurze Liste der gescheiterten Experimente mit Co-CEOs. Das kürzlich spektakulär kollabierte Coworking-Unternehmen Wework setzte auf das Modell und ist damit genauso wenig erfolgreich gewesen wie die Deutsche Bank. Das Problem: Immer wieder wird ein Co-CEO ernannt, weil man einem der beiden nicht die alleinige Führung zutraut - sozusagen als Verlegenheitslösung.

Keine Experimente

Im schlimmsten Fall nominieren zwei Machtblöcke einer Firma ihren Vertreter für die Führungsspitze und produzieren damit ein Gleichgewicht des Schreckens. Zudem bekommt ein Co-CEO, wie Zahlen aus den USA zeigen, meist genauso viel Geld wie ein Solo-CEO.

Und zwar auch im Fall des Scheiterns - dann verdoppeln sich, genau wie im Fall der Fata Morgana Wework, auch die Abfindungen an der Doppelspitze. Für SAP wird das Experiment Co-CEO nicht nur sehr teuer sondern sendet auch ein verheerendes Signal, dass es mit experimentellen Führungsmodellen während der kommenden Wirtschaftskrise vorbei sein könnte.

 

Zwei Chefs für eine Firma – die Dynamik der Doppelspitze

SAP setzte darauf, auch viele KMU: Was passiert mit einer Firma, wenn sich zwei Menschen die CEO-Rolle teilen? Ein Blick auf die Praxis. Mehr hier. HZ+

Stefan Mair
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