Das Skigebiet Andermatt-Sedrun des ägyptischen Investors Samih Sawiris kommt in amerikanische Hände. Der amerikanische Skiriese Vail Resorts wird 149 Millionen Franken in die Entwicklung der Destination investieren und erhält im Gegenzug eine Mehrheit von 55 Prozent an der Andermatt-Sedrun Sport AG. 

Vail Resorts besitzt und betreibt 40 Skiresorts in den USA, in Kanada und in Australien. Nun kauft sich das Unternehmen erstmals in Europa ein.

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Herr Laesser, was sind die Vorteile, wenn eine Resort-Company das ganze Geschehen am Berg bestimmen kann?
Christian Laesser: Die Firma hat auf diese Weise preisliche Gestaltungsmöglichkeiten über die ganze Dienstleistungskette hinweg. Sie kann, je nach Tiefe der Integration, das Produkt designen und die Ertragsquellen selber steuern.  

Und was hat der Gast davon?
Je weiter weg ein Gast vom Resort lebt, desto wichtiger wird die Convenience beim Reservieren. Statt dass man sich um einzelne Bausteine bei verschiedenen Ansprechpartnern kümmern muss, erhält man alles aus einer Hand. Unternehmen, die das gut beherrschen, bieten ihren Kundinnen und Kunden eine ähnliche Convenience wie jene bei einer Kreuzfahrt oder beim Aufenthalt in einem Themenpark. Zugegebenermassen übernehmen Reiseveranstalter, welche meistens nicht integriert sind, oft ähnlich integrative Funktionen.

Zur Person

Christian Laesser ist Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St. Gallen.

Wenn eine Resort-Company börsenkotiert ist: Bringt sie, getrieben vom Quartalsdenken, überhaupt die nötige Geduld auf, langfristig zu planen?
In der Regel wissen Management und Investoren solcher Firmen, dass grössere Investitionen manchmal nicht schon auf kurze Frist rentieren können, insbesondere in einem Geschäft wie dem Tourismus, das von derart vielen äusseren Faktoren beeinflusst wird. Das sind keine Grünschnäbel, sondern Strategen und Strateginnen, die ihr Geschäft kennen und verstehen.

Haben Schweizer Touristiker mit ihren kleinzellig organisierten Resorts jahrelang auf das falsche Modell gesetzt?
Keines der Modelle, weder das integrierte Modell noch das sogenannte Community-Modell wie vielerorts in den Alpen und im Grossteil der Welt, ist richtig oder falsch. Viele Resorts sind über lange Zeit organisch gewachsen und sind durchaus erfolgreich und resilient. Kapazitäten am Berg und im Tal haben sich so meistens gleichgewichtig entwickelt. Aktive Integration – meistens getrieben durch Bergbahnen – kann nur nötig werden, wenn Übernachtungskapazitäten abgebaut werden und zu wenig «Kissen für Tickets» drohen.  

Christian Laesser

Christian Laesser: Ständiger Dozent mit Titularprofessur für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des Tourismus und Dienstleistungsmanagements.

Quelle: ZVG

Elm, Grindelwald und Grüsch-Danusa müssen also nicht zwingend ihre Berge in ein einziges Profitcenter eindampfen?
In der Schweiz legen Wintersportgäste in der Regel viel kleinere Distanzen zurück als in Nordamerika. Viele unserer Bergbahnen haben zudem grosse Anteile an Tagesgästen. Deshalb ist auch nicht für jeden Gast vor Ort ein Bett notwendig, weshalb auf eine zentrale Steuerung der Beherbergungskapazitäten verzichtet werden kann. Für diejenigen Gäste, welche ein integriertes Paket möchten, gibt es oftmals von den Hotels gestaltete und vertriebene Pauschalen aus Übernachtung, häufig mit Halbpension und Tickets.  

Der Zermatter Franz Julen sagt, dass Konkurrenz am Berg Innovation und unternehmerisches Denken verstärke.
Da hat er einen Punkt. Natürlich gibt es verschiedene Modelle der Integration. Wenn eine Resort-Company allerdings durch die Kontrolle aller Aktivitäten das Geschehen am Berg und im Tal mehr oder weniger vollständig kontrolliert, kann das aus örtlichen oder regionalen Wettbewerbsüberlegungen unerwünscht sein. Es ist aber auch aus einer unternehmerischen Sicht nicht unbedingt nachhaltig – obschon angenehm –, da solche Machtpositionen tendenziell träge machen. Im Wintersport in den Alpen ist diese Gefahr jedoch gering, da die hohe Zahl der Gebiete den viel wichtigeren überregionalen und internationalen Wettbewerb sicherstellen.

Mit dem Einstieg von Vail Resorts kommt Andermatt in den Club jener Destinationen, die von Gästen weltweit mit dem Epic Pass genutzt werden können. Was bringt das dem Ort?
Andermatt, bisher keine Schweizer Destination von Weltruf, steigt damit in eine neue Liga auf. Ein Skigast an der US-Ostküste beispielsweise, der bisher Topdestinationen wie Vail oder Zermatt auf dem Radar hatte, wird nun gewahr, dass er mit dem Epic Pass auch die Pisten weiterer Skigebiete nutzen kann. Das ist zwar keine Garantie, dass dieser Gast tatsächlich nach Andermatt reisen wird. Aber der Ort hat es in Übersee mindestens auf die touristische Landkarte geschafft.