Eigentlich haben es sowohl Start-ups als auch KMU in der Schweiz gut: Motivierte und gut ausgebildete Mitarbeitende sind verfügbar, branchenkundige Investoren stehen bereit, die Infrastruktur funktioniert, die Steuerbelastung ist fair und auch die bürokratischen Regeln sind im Vergleich zu vielen ausländischen Märkten überschaubar. Dass die Unternehmen jeweils auch innovative Produkte und Dienstleistungen anbieten, respektive entwickeln, versteht sich von selbst. 

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In einem Punkt schneiden aber sowohl KMU als auch Start-ups immer wieder mässig oder sogar ungenügend ab – und zwar bei der Zusammensetzung ihrer Verwaltungsräte und der Qualifikationen der einzelnen VR-Mitglieder. So tun sich beispielsweise familiengeführte KMU tendenziell schwer, Fachleute für ihren Verwaltungsrat zu nominieren, die der Inhaberfamilie zwar wohlgesonnen sind, aber aufgrund ihrer Stellung eben auch unabhängig agieren und so wertvolle Einblicke von aussen mitbringen können. Souveräne Unternehmerfamilien sollten mit dieser Art von externer Expertise nicht nur umgehen können, sondern diese sogar bewusst in den Verwaltungsrat der eigenen Familie inkludieren.

Ähnlich präsentieren sich oftmals die Verwaltungsräte von Start-ups, wo neben den Firmengründern und institutionellen Investoren oder Risiko-Kapitalgebern gerne auch sogenannte «FFF-Vertreter» Einsitz nehmen («FFF» steht dabei für «Family, Friends and Fools»). Doch wie möchte beispielsweise ein junges Pharma-Unternehmen längerfristig Erfolge verzeichnen, wenn in seinem Verwaltungsrat weder ein Spezialist für den Zulassungsprozesse von Medikamenten im Pharma-Kernmarkt USA noch eine Spezialistin für die unterschiedlichen strategischen Möglichkeiten sitzt?

Deshalb ist es beinahe schon paradox, dass Start-ups und KMU an viele Details denken, genaue Prozesse definieren und in ihrer operativen Tätigkeit in der Regel auch erfreulich erfolgreich sind – diese Sorgfalt auf der strategischen Ebene aber vermissen lassen.

Oliver Schiltz ist Partner bei Heidrick & Struggles Switzerland in Zürich. Er beschäftigt sich mit Firmen aus den Bereichen Biotechnologie, Pharma und medizinische Geräte und fokussiert dabei auf Partnerschaften mit innovativen und Wachstumsfirmen.

Selbstverständlich ist die Suche nach qualifizierten VR-Mitgliedern, die über Erfahrung in einem gewissen Bereich verfügen und dazu auch noch zum jeweiligen KMU oder Start-up passen, aufwändig. Ebenso muss es auf der menschlichen Ebene passen. Und gerade vor und nach einer Firmengründung stehen junge Unternehmerinnen und Unternehmer noch vor ganz anderen Herausforderungen. Doch spätestens, wenn die ersten Jahre erfolgreich überstanden sind und das Unternehmen vor den ersten relevanten Erfolgsschritten steht, ist es sehr empfehlenswert, sich genügend Zeit und Ressourcen zur bestmöglichen Zusammensetzung des eigenen Verwaltungsrates einzuplanen. 

Etablierte KMU wiederum empfiehlt sich die Prüfung und allfällige Neubesetzung des Verwaltungsrates beispielsweise zum Zeitpunkt einer strategischen Neuorientierung, der Lancierung eines wichtigen neuen Produktes oder der für den zukünftigen Erfolg entscheidende Eintritt in einen neuen Absatzmarkt. 

Eines ist jedoch klar: Zum befruchtenden Austausch zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat muss aber auch das jeweilige Management-Team seinen Teil dazu beitragen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass dem Verwaltungsrat keine relevanten Informationen vorenthalten werden. Solche Informationsasymmetrien – zwischen Management und Verwaltungsrat, aber manchmal auch zwischen VR-Präsidium und VR-Mitgliedern – zählen zu den am häufigsten genannten Gründen für schlecht funktionierende Verwaltungsräte.

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