Der Handelskonzern, sprich Kioskbetreiber, Kaffeestand-Anbieter und Butterbretzelverkäufer Valora soll für 1,1 Milliarden Franken im mexikanischen Grossunternehmen Femsa aufgehen. Die Mexikaner haben gute Chancen, dass ihnen die Übernahme gelingt.

Diese wäre nach dem Roche-Deal mit Novartis über eigene Aktien von rund 21 Milliarden Dollar und dem Vifor-Kauf durch die australische CSL für rund 12 Milliarden Dollar die grösste Transaktion an der Schweizer Börse innert eines Jahres. 

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Schweizer Unternehmen sind für Zukäufe gefragt. In der Schweiz und überall auf der Welt sitzen Akteure, die etwas kaufen wollen. Nicht immer ist dies wie bei Valora auch das Interesse des Verkäufers.

«Einen ultimativen Schutz gegen Übernahmen gibt es nicht», sagt Fondsmanager Marc Possa, der den Schweizer Small- und Midcap-Fonds «SaraSelect» leitet. Trotz Leitzinserhöhungen verschiedener Notenbanken sei das Geld historisch gesehen immer noch billig. «Wir sehen das an den Aktienrückkäufen vor allem in den USA, aber auch im Markt für Fusionen und Übernahmen», sagt Possa.

Verwaltungsräte und CEOs von Firmen seien stets daran interessiert, Mehrwert für die Aktionäre zu schaffen, auch durch Zukäufe. Zudem spielten Beteiligungsgesellschaften eine immer wichtigere Rolle bei Übernahmen: «Ich wäre nicht erstaunt, wenn wir bei den Mergers and Acquisitions demnächst wieder mehr Aktivität sehen werden.»

«Relativ wenig Schweizer Unternehmen haben starke Kernaktionäre wie langfristig orientierte Grossaktionäre, Familien oder Stiftungen.»

Die Kursrückgänge der vergangenen Monate machen Zukäufe günstiger. Während der Swiss Performance Index (SPI) rund 16 Prozent unter dem Jahresanfangs-Wert liegt, besteht der Index zu über einem Fünftel aus Aktien, die 40 Prozent oder mehr an Börsenwert verloren haben.

Valora hielt sich zwischen Jahresanfang und der Angebots-Ankündigung durch Femsa mit einem Kursplus von 3 Prozent besser. Gemessen an einem Mehrjahres-Hoch Anfang 2018 hatte sich der Kurs aber halbiert. 

Potente Investoren beäugen Schweizer Starfirmen 

Auch sehr erfolgreiche Unternehmen können von Übernahmebemühungen betroffen sein. «Es ist durchaus denkbar, dass Unternehmen wie VAT, Comet oder Inficon das Interesse von finanzkräftigen Käufern wecken werden.

Das sind Weltmarktführer in ihren Bereichen: Sie zu besitzen wäre für ein Unternehmen interessant, und wenn die Synergien stimmen, liesse sich sogar ein relativ hoher Kaufpreis rechtfertigen», sagt Fondsmanager Possa.

«Dass in unruhigen Gewässern stehende Firmen als Übernahmeziel gelten können, zeigten Spekulationen um die Credit Suisse (CS) Anfang Juli.»

Die drei Chipindustrie-Zulieferer haben im bisherigen Jahresverlauf jeweils etwa die Hälfte des Kurswerts von Anfang Januar verloren.

Relativ wenig Schweizer Unternehmen haben starke Kernaktionäre wie langfristig orientierte Grossaktionäre, Familien oder Stiftungen. Sind diese dem Unternehmen verpflichtet, wird es für eine Übernahme schwierig. Ist deren Interesse am Unternehmen vor allem finanzieller Art, dann kann es gut sein, dass ein Verkauf sogar sehr leicht möglich ist.

Gezeigt hat sich dies vergangenes Jahr, als Grossaktionär Martin Ebner dem Verkauf des Pharmaunternehmens Vifor an CSL zustimmte. 

Krisenfirmen werden Ruf als Übernahmeziel nicht los

Die immer wieder aufpoppenden Übernahmegerüchte bei Temenos haben auch damit zu tun, dass sich der Kurs seit Jahren schwach entwickelt und über die Hälfte unter dem Rekordhoch vom Mai 2019 notiert. Der IT-Entwickler - Ebner hält dort rund 10 Prozent der Aktien - ist anfällig auf Übernahmen, weil er in einem Transformationsprozess steckt.

Der Reise von einem Lizenzmodell hin zu einem Abo aus der Cloud für Bankensoftware traut der Markt immer noch nicht richtig, dies sieht man am tiefen Börsenwert. Für die heutigen Aktionäre wäre ein Verkauf vielleicht interessanter, als dass sie noch lange einem dahinsiechenden Kurs zusehen müssten.

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Es ist alles eine Frage des Preises: Eine Auswertung von cash.ch zeigt, dass bei einem Valora-Verkauf an Femsa für 260 Franken pro Aktie Grossaktonäre und Verwaltungsräte teils Millionen verdient werden.Firmen mit Krisenhistorie in den letzten Jahren wie GAM oder Clariant werden regelmässig als Übernahmekandidaten gehandelt.

Die immer noch nicht profitable und auf Kapitalerhöhungen angewiesene, aber innovative Versandapotheke Zur Rose könnte zum Umsatztreiber eines grösseren E-Commerce-Anbieters werden.

Viel Geld, tiefe Kurse, Zinsen und geopolitische Zwänge

Dass in unruhigen Gewässern stehende Firmen als Übernahmeziel gelten können, zeigten Spekulationen um die Credit Suisse (CS) Anfang Juli. Damals ging die Story um die Welt, der Vermögensverwalter State Street wolle die krisenumwehte Nummer Zwei der Schweizer Banken übernehmen.

Das mässig erfolgreiche Konglomerat CS, aus Vermögenverwaltung, Investmentbank und Schweiz-Geschäft bestehend, wäre in diesem Falle wohl zerlegt worden. Die SMI-Konstiutentin kommt selbst bei einem historisch tiefen Kurs noch auf eine Marktkapitalisierung von über 14 Milliarden Franken.

«Ein Zukauf in der Schweiz könnte für den einen oder anderen Investoren auch mit der Absicht zusammenhängen, einen besseren geografischen Mix von Beschaffungs- und Absatzmärkten einzukaufen. »

Das ist in etwa 13 Mal so viel wie das, was Femsa jetzt für Valora zu zahlen bereit ist.

Weitere Anreize für Übernahmen sind neben den Zinsen, hohen Geldbeständen bei Investoren und tiefen Aktienkursen auch zunehmend geopolitische Überlegungen. Nach der Coronapandemie mit einem Trend zum Onshoring der Produktion wichtiger Güter hat der Ukraine-Krieg diese Haltung noch verstärkt.

Die von Russland ausgelöste Gaskrise führt Volkswirtschaften und Unternehmen deren Abhängigkeit von autoritären Staaten dramatisch vor Augen. Ein Zukauf in der Schweiz könnte für den einen oder anderen Investoren auch mit der Absicht zusammenhängen, einen besseren geografischen Mix von Beschaffungs- und Absatzmärkten einzukaufen.