Das Minato-Mirai-Quartier (japanisch: Zukunft) ist ein futuristisches Stadtentwicklungsprojekt am Meer in Yokohama. Die Aussicht von der hohen Plattform dem Meer entlang ist atemberaubend. Hier der Yokohama Landmark Tower, dort das Riesenrad und der Hausberg Fuji, stilvolle Boutiquen – und seit zwei Wochen eine Kaffeebar von Blue Bottle.

Die Kult-Kaffee-Kette aus dem kalifornischen Oakland gehört seit 2017 mehrheitlich dem Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé. Und gibt in Japan mächtig Gas. 20 Shops betreiben die Kaffee-Brüher bereits im Land des Lächelns, davon allein 14 in der Hauptstadt Tokio; 3 sind in Kyoto, 2 in Yokohama und 1 in Kobe.

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Fokus auf USA und Asien

Japan ist der wichtigste Markt für Blue Bottle ausserhalb der USA, wo die Kette im hippen Kalifornien, in den kaufkräftigen Ostküstenmetropolen New York und Washington und im Biotech-Hub Boston präsent ist. Und das mit gutem Grund: Japan hat zwar eine ausgefeilte Teekultur, im Alltag aber und ausser Haus wird vor allem eines getrunken: sehr viel Kaffee.

Ein Besuch im neusten Ableger der kalifornischen Hipster-Kaffee-Kette zeigt, wie Nestlé den Zukauf Blue Bottle im hart umkämpften Markt in Stellung bringt. Das trendige, aber etwas sterile Lokal kommt im Apple-Store-Look daher. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, gemütlich unter den Bäumen Platz zu nehmen, vorausgesetzt, das Wetter macht mit. Der Gast wird bedient, die Zubereitung des Kaffees findet vor Publikum statt. Konkurrent Starbucks lässt grüssen.

Das typische Publikum ist in den Dreissigern und kann es sich leisten, auch mal während der Woche ein paar Stunden im Café zu sitzen. Für einen Americano, einen Decaf-Filterkaffee, ein Cookie und eine Waffel legt man 2090 Yen oder 18 Franken auf den Tisch. Ein stolzer Preis; und noch teurer als das ebenfalls hochpreisige Starbucks-Angebot. Dennoch ist das Lokal gut besucht.

Mark Schneider und U2-Sänger Bono als Investoren

500 Millionen Dollar soll der damals noch neue Nestlé-Konzernchef Mark Schneider vor drei Jahren aufgeworfen haben, um sich mit 68 Prozent bei der in den nuller Jahren gegründeten Kette zu beteiligen – zu den Investoren soll neben Schneider auch U2-Sänger Bono gehören. Ein mehr als stolzer Preis für ein Unternehmen, das damals gerade mal drei Dutzend Kaffee-Shops zählte.

 

Da muss der promovierte Betriebswirt Schneider einen handfesten Hintergrund haben. Der Einstieg bei Blue Bottle steht für High-End-Kaffeegenuss und für den Versuch von Nestlé, im heiss begehrten Segment einer zahlungskräftigen Kundschaft Fuss zu fassen. Bei einer Klientel also, die den Kaffeegenuss zelebriert und dafür gerne bereit ist, tiefer in die Tasche zu greifen.

Die Transaktion passe zur Strategie des Unternehmens, Opportunitäten aus Konsumententrends bei Kaffee wie Superpremium, Cold Brew und Ready to drink anzugehen, sagt David Rennie, Head of Coffee Brands bei Nestlé. Und: «Wir stellen sicher, dass der Wert der Marke erhalten bleibt.»

In den drei Jahren seit dem Einstieg hat sich die Zahl der Filialen in den USA und in Japan auf fast hundert verdreifacht. Europa aber bleibt aussen vor. «Unser Fokus liegt aktuell auf den USA und Asien», teilt das in Oakland domizilierte Unternehmen auf Anfrage mit. Vor zwei Jahren hatte Marco Settembri, Nestlé-Chef für Europa, den Mittleren Osten und Afrika noch gemeint, eine Expansion nach Europa sei möglich. Doch daraus wird im Moment nichts.

Mehr Kaffeebedarf in Asien

Die asiatischen Märkte seien weit weniger gesättigt als die europäischen, sagt Romano Monsch, Nestlé-Analyst beim Vermögensverwalter Albin Kistler. Deshalb mache es Sinn, sich in einem ersten Schritt auf diese Märkte zu konzentrieren. Zudem sei ja einiges im Tun. «Eine Verdreifachung der Zahl der Shops in drei Jahren ist ja schon beachtlich.»

Und auch weniger riskant. Denn im Gegensatz zu den Märkten im teetrinkenden Asien ist Europa ein hartes Pflaster für einen Newcomer aus den USA. Es tobt ein Verdrängungskampf, selbst Platzhirsche wie Starbucks müssen sich sputen, um die Stellung halten zu können.

Dazu gibts in Europa eine Tradition von Bäckereien, die neben der Verkaufstheke auch ein Café bieten. Zudem sei es kontraproduktiv, meint Nestlé-Analyst Monsch, wenn die Expansion einer Nischenmarke wie Blue Bottle zu forsch angegangen werde.

Ohnehin ist die Expansion nach Europa nicht entscheidend, damit sich für Schneider der teure Deal rechnet. Dieser Meinung ist auch Jean-Philippe Bertschy, Nestlé-Analyst bei Vontobel. «Blue Bottle ist definitiv eine Perle», sagt er. Und sie ist komplementär zum Rest des Kaffee-Geschäfts mit Nescafé, Nespresso und Starbucks.