Die Banken setzen Kleinsparer unter Druck. Die Postfinance verlangt  – nicht zahlt – ab 1. Juli 0,75 Prozent auf ein Vermögen von 100'000 Franken (davor waren es 250'000 Franken). Die UBS kündigte an, ab Juli die Schwelle für Strafzinsen von zwei Millionen Franken auf 250'000 Franken zu senken. Die Alternative Bank führt ab 1. August einen Strafzins von 2,50 Franken pro 1000 Franken Guthaben pro Jahr ein.

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«Kunden werden so zu einer Analyse ihrer Vermögensverhältnisse gedrängt», sagt Florian Schubiger, Gründer der Vermögenspartner AG und Mitglied des unabhängigen Expertenteams der Geldberatung der «Handelszeitung». Diese müssen nun überlegen, wie sie ihr Geld vor Negativzinsen schützen können. Und das ist möglich, Alternativen gibt es.

 

Die SNB hat vor gut fünf Jahren negative Zinsen auf den Giroguthaben der Banken eingeführt. Vor dem Hintergrund einer stärkeren Nachfrage nach sicheren Anlagen strebte die Nationalbank einen negativen Dreimonats-Libor an, sodass Anlagen im Franken weniger attraktiv sind. Im Dezember 2014 wurden die Zinsen auf Giroguthaben auf minus 0,25 Prozent festgelegt. Zeitgleich mit der Abschaffung des Euro-Franken-Mindestkurses hatte die SNB am Mitte Januar 2015 die Zinsen auf Giroguthaben dann auf die bis heute gültigen minus 0,75 Prozent reduziert.

Geld auf mehrere Konten verteilen

Wer sein Geld bisher auf einem, maximal zwei Konten gebündelt hatte, kann sich überlegen, weitere Konten zu eröffnen und das Geld so zu verteilen, dass die jeweilige Freigrenze seiner Hausbank nicht überschritten wird.

Ist das Vermögen zu gross, sodass die Aufteilung des Kundenvermögens auf mehrere Konten im Franken nicht funktioniert, dann kann der Kunde das Geld in andere Gefässe fliessen lassen. Es bietet sich eine Investition in die Säule 3a an, sofern der erlaubte Maximalbetrag pro Jahr für diese Anlageform vom Sparer noch nicht erreicht wurde.

Kassenoblis: Bindung vs. Strafzins

Alternativ dazu bieten sich Kassenobligationen an. Wer darin investiert, darf eher damit rechnen, dass die Bank bei Zinsen und Gebühren ein Auge zudrückt. Mit dem Nachteil, dass man sein Vermögen damit auf mehrere Jahre bindet. Dafür entkommt man den Negativzinsen.

Wer sein Geld nicht binden will und zu viel Geld hat, um Freigrenzen zu unterschreiten, der muss das Gespräch mit der Bank suchen. Das kann aussichtsreich sein, wenn man bereits mehrere Produkte der Bank in Anspruch nimmt, etwa eine Hypothek, einen Fonds oder ein Firmenkonto. Banken zeigen sich verhandlungsbereit, wenn sie mit dem Kunden Geld verdienen und diesen nicht verlieren wollen.

Liquidität als Verhandlungsmasse

Die letzte Möglichkeit für den Kleinsparer: er kann die Bank wechseln. Jene Banken, die wie das Kaninchen vor der Schlange abwarten, was die Konkurrenz in Sachen Negativzinsen jetzt tut, werden in den kommenden Monaten gerne enttäuschte Retail-Kunden mit Lockangeboten auffangen. Allein schon deshalb, weil diese Liquidität für ihr Kredit- und Hypothekargeschäft mitbringen.

Was die Banken dringend brauchen. Denn ohne Retailkundschaft würde die Liquidität für das Kredit- und Hypothekargeschäft fehlen. Diese Kunden bringen den nötigen «Flugsand» mit, wie es die Finanzbranche nennt. Retailbanken versuchen deshalb, die richtige Balance zwischen Frohlocken und Strafzinsen zu finden.

Gefahr Negativzins

Dabei geht es nicht einfach darum, Kleinsparer zu schröpfen. Sondern darum, den enormen Margendruck aus dem Hypothekargeschäft – genauer gesagt: Zinsdifferenzgeschäft – zu nehmen. Pensionskassen und Anlagestiftungen bieten im Hypothekargeschäft dermassen attraktive Zinsen, dass Retail-Banken mit ihrem Geschäftsmodell massiv unter Druck kommen.

Dieser Wettbewerb hat sich seit Jahren verschärft und wird weiter zunehmen. Das ist auch der Grund, warum Banken just zu diesem Zeitpunkt an der Zinsschraube für Sparer drehen. «Banken loten jetzt aus, welche Möglichkeiten sie haben, für einen Kunden zur Hauptbank zu werden und Zusatzgeschäfte mit diesem abzuschliessen», sagt Monika Dunant von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Bereits 2019 warnte die Bankiervereinigung vor den längerfristigen Gefahren, die von den Negativzinsen der SNB ausgehen. In einer Studie beschreibt sie strukturelle Folgen der aktuellen Zinspolitik auf die Schweiz und ihre Volkswirtschaft.

Das Fazit: «Die Gefahr der Blasenbildungen in einzelnen Anlagenklassen wächst. Und Negativzinsen bestrafen Sparer und setzen gleichzeitig starke Anreize für den Staat, für Firmen und für Haushalte, sich stärker zu verschulden.» Ausserdem würden der Anlagenotstand und die geringeren Renditen die Stabilität der Vorsorgewerke gefährden und der Negativzins der Nationalbank die Profitabilität der Geschäftsbanken belasten. 1,4 Milliarden Franken hatte die SNB 2020 an Negativzinsen eingenommen.