«Need for Speed» nennen E-Commerce-Profis den Online-Trend, Güter des täglichen Bedarfs immer schneller auszuliefern. Das Zürcher Startup Stash treibt dies nun auf die Spitze. Das Jungunternehmen, ein Pilotprojekt der Swiss Startup Factory, will Lebensmittel und Nearfood-Produkte in weniger als zehn Minuten zu den Kunden bringen. 

Der unglaubliche Speed kommt hauptsächlich aus zwei Gründen zustande. Erstens ist das Sortiment mit knapp 500 Artikeln relativ klein. Stash («Lager» oder «Geheimversteck» in Englisch) liefert vor allem Lebensmittel, Getränke, Drogerieartikel und auch Kondome und Schwangerschaftstests («sexuelle Gesundheit») aus. 

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In zwei Stadtkreisen aktiv

Bedient werden in dem Pilotprojekt nur die beiden Zürcher Stadtkreise 4 und 5. Ausgeliefert wird von einem Lager in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofs per Velo, von Stash-Angestellten. 

Die selber gesteckte Zeitlimite habe man seit dem Start am 12. Februar gut einhalten können, sagt Stash-CEO Simon Koch: «Bis jetzt ist es uns gelungen, stets in fünf bis acht Minuten auszuliefern. Die schnellste Lieferung war in 212 Sekunden beim Kunden. Bis jetzt haben wir es einmal nicht geschafft und erst in elf Minuten geliefert, weil wir ein technisches Problem mit der Navigation hatten.» 

Die Preise der 500 Produkte, sagt Koch, liegen etwa auf Höhe von Coop-Supermärkten. Pro Bestellung kommt eine Liefergebühr von 3.90 Franken hinzu. 

Die «Handelszeitung» hat eine Probebestellung aufgegeben. Und gestaunt: Der online georderte «Stadtjäger», die urbane Variante des Schweizer Food-Klassikers Landjäger, kam unter der Zeitlimite an. Sechs Minuten brauchte die Stadtwurst bis ins Ziel.  

Vorbilder aus Berlin, London und den USA

Fragt sich natürlich, ob Schweizer Kunden überhaupt erpicht sind auf solche Blitz-Lieferungen. Koch ist überzeugt davon – und blickt dafür weit über den Stadtrand hinaus: «Internationale Vorbilder wie etwa GoPuff in den USA, Weezy in London oder Gorillas in Berlin beweisen, dass ein solcher Dienst sehr gefragt ist.»

Nicht alle im Ausland erfolgreichen Projekte kann man tel-quel auf die Schweiz umlegen Das weiss auch Stash-Chef Koch. Was er als hiesige Herausforderung sieht: «Schweizer Innenstädte haben ein sehr feinmaschiges Netz von Convenience-Läden. Das ist bestimmt eine Herausforderung für unseren Dienst.»

Der Schweizer E-Commerce-Pionier Dominique Locher, ex-Chef von LeShop und heute unter anderem Verwaltungsrat und Investor bei Farmy.ch, gibt Stash gute Chancen: «Solche Dienste decken ein Bedürfnis ab, das bisher online nicht bedient worden ist und noch vom klassischen Handel besetzt wird». Mit Betonung auf «noch», wie Locher nachschiebt.

Locher weiss sehr genau, wovon er spricht. 2019 lancierte der E-Commerce-Evangelist für Migros Türk in Istanbul den Lieferdienst Hemen («sofort), über den sich Lebensmittel und Drogerieartikel in 30 Minuten per Motorrad nach Hause oder ins Büro liefern lassen.

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Stash-CEO Simon Koch: «Die schnellste Lieferung war in 212 Sekunden beim Kunden.»

Quelle: ZVG

Dass es klappen könne, hätten Pioniere in London, Berlin und Istanbul bereits bewiesen. Also in Städten, die ebenfalls ein dichtes Netz von Minidepots und/oder Läden mit langen Öffnungszeiten haben. Locher sieht die Sache positiv: «Dieser Trend in Europa ist kein Jahr alt, breitet sich aber rasant aus, mit Startups wie Gorillas, Flink, Weezy und HeyMigrolino und Avec Now seit wenigen Wochen in der Schweiz. Wobei letztere beide in 60 Minuten liefern – und nicht in den superschnellen zehn Minuten wie Stash. 

Speed-Auslieferer: Worauf es ankommt

Auch wenn bei einem Dienst wie Stash nur Mikro-Gebiete bedient werden, stellt sich die Frage, ob und wie ein solcher Service überhaupt profitabel betrieben werden kann. Locher sagt, dass es hauptsächlich an zwei Grössen liege. «Letztlich hängt es von Faktoren wie durchschnittliche Warenkorbgrösse und Volumen ab, ob ein Dienst wie Stash profitabel arbeiten kann.» 

Einen Vorteil hätten Schnellboote wie Stash auf jeden Fall: «Bei den Fixkosten punkten solche Anbieter nur schon deshalb, weil ihre Sortimente und Lager so klein sind, dass wenig Kosten für Platz, Bewirtschaftung sowie Laufmeter beim Picken und Packen anfallen. Auch die kurzen Lieferwege mit günstigen Zweirad-Vehikeln fallen in der Erfolgsrechnung weniger schwer ins Gewicht.»

Wenn das Pilotprojekt Stash, das vier bis acht Wochen dauern soll, erfolgreich sei, fasse man eine Expansion in kleinen Schritten ins Auge, sagt Simon Koch: «Dann wird Stash in andere Zürcher Stadtkreise expandieren.» 

Darüberhinaus «sind auch mittelgrosse Schweizer Städte interessant für unseren Dienst», sagt der Chef des neuen Online-Blitz-Lieferanten.

Andreas Güntert
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