Seit Jahren beschäftigt sich die Migros zusehends stärker mit sich selber statt mit dem Markt. Einzelgänge, Doppelspurigkeiten, Abstimmungs-Probleme zwischen den zehn Genossenschaften und der Zentrale in Zürich – interne Polemik lähmt den orangen Konzern, der sich wachsender Konkurrenz ausgesetzt sieht. 

Interne Polemik war es wohl letztlich auch, die zum Rückzug von Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen geführt hat

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Aufgrund ihrer Struktur hat es die Migros nicht einfach, sich agiler aufzustellen. Eine rasche Verschlankung von Struktur und Prozessen, die Fusion einzelner Genossenschaften – all das scheint auf mittlere Frist kaum machbar. 

«Migros Supermarkt AG»: Chefs der Genossenschaften im Fahrersitz

Da scheint eine Idee, die intern schon länger gärt, als gangbarer Ausweg: Die Idee: Das Supermarkt-Geschäft, das Herzstück der Migros, zentral zu führen. Die zentrale Idee einer solchen «Migros Supermarkt AG»: Im Driver’s Seat sitzt nicht der Migros Genossenschaftsbund in Zürich, sondern die Genossenschafts-Chefs. Was einer radikalen Schubumkehr im Getriebe des orangen Riesen gleichkommen würde.

Auf einen Schlag, so sehen es Optimisten, könnte so das Food- und Nearfood-Geschäft der Migros-Supermärkte frei von landesweiten Friktionen gesteuert werden. Die neun Genossenschaftsleiter und die eine Genossenschaftsleiterin könnten so schlagkräftiger agieren. Die eigentliche Top 20 der Migros – die zehn Genossenschafts-Häuptlinge und deren zehn Präsidenten – sässen so am Machthebel.

Fachmarkt AG als vermeintliche Blaupause

Gänzlich neu wäre eine solche Machtverschiebung nicht. Seit 2021 wird schon das Fachmarkt-Geschäft (Melectronics, Do it + Garden, Micasa, Obi, SportX) zentral von der «Migros Fachmarkt AG» geführt. Dort haben die mächtigen Genossenschaften das Sagen. 

Ob das aber wirklich als Blaupause dienen kann, ist indessen fraglich. Es ist nun mal einiges anspruchsvoller, für Supermärkte frische und verderbliche Ware einzukaufen, zu lagern und im ganzen Land zu distribuieren, als Skischuhe, Sofas und Beamer ans Volk zu bringen. Ein Versuch wäre es trotzdem wert. Mit einem zentral getakteten Supermarkt-Geschäft – ob als von den Genossenschaften kontrollierte Aktiengesellschaft oder als Teil des Migros-Departments Handel gesteuert – wäre die Migros näher am Markt. 

Wenn es denn gelingt, die Machtverhältnisse zwischen den zehn Genossenschaften gut auszutarieren. Auch in einem allfälligen neuen Modell werden kleinere Migros-Zellen immer darauf achten, von den grösseren – Aare, Zürich, Ostschweiz, Luzern – nicht marginalisiert zu werden. 

Ob das viel beschworene «orange Feuer» per Zentralisierung des Supermarkt-Geschäfts heller lodern wird? Mit einem Konstrukt wie einer Migros Supermarkt AG würden es die Chefs der Genossenschaften beweisen können. Aber auch beweisen müssen. 

Andreas Güntert
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