Dienstagabend im Stadtzentrum von Zürich: Viktor Vekselberg sitzt auf einer kleinen Bühne vor rund 80 Gästen, die das Swiss Russian Forum eingeladen hat. Rund doppelt so viele hätten kommen wollen, denn es ist Vekselbergs erster Auftritt in der Schweiz seit über elf Jahren.

Der Oligarch erzählt über den von ihm initiierten Innovationpark Skolkovo vor den Toren Moskaus, über die Defizite des russischen Bildungssystems und darüber, wie er unter den US-Sanktionen leidet. Zum derzeit heissesten Thema freilich sagt er kein Wort: Zur Lage bei der Stahlfirma Schmolz + Bickenbach (S+B), die grosse finanzielle Probleme hat und bei der ein Machtkampf tobt mit dem Grossaktionär Martin Haefner.

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800 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel

Exklusiv gegenüber BILANZ äussert sich der russische Oligarch danach erstmals zum Thema: «Ich fordere alle Aktionäre von Schmolz+Bickenbach – Liwet, Haefner und die Familienaktionäre – auf, zum Wohle des Unternehmens ihre Kräfte zu bündeln, um dessen Zusammenbruch zu verhindern», so Vekselberg. 800 Arbeitsplätze in Emmenbrücke und Luzern stehen auf dem Spiel. 

Vekselberg erinnert dabei an eine ähnliche Rettungsaktion vor sechs Jahren: «Die grössten Aktionäre von S+B haben, unter direkter und aktiver Mitwirkung von Renova, bereits 2013 ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, ihr Ego zu zähmen und die Interessen des Unternehmens über ihre eigenen zu stellen», so Vekselberg: «Damals gelang es, das S+B vor dem Konkurs zu retten. Übrigens wurde Herr Haefner erst dadurch zu einem Grossaktionär des Unternehmens.»

Er selber könne dieses mal aber nicht aktiv an der Ausarbeitung einer Lösung teilnehmen, sagt Vekselberg, da er – anders als in den Medien dargestellt – selber nicht das Sagen habe bei der Beteiligungsgesellschaft Liwet, die heute 26,9 Prozent an S+B hält: «Der Anteil von Columbus Trust, wo ich der Begünstigte bin, an Liwet ist nicht kontrollierend», so Vekselberg: «Dieser Trust ist nur Minderheitsaktionär von Liwet.» 

Kampf um Schmolz+Bickenbach

Der Showdown der Aktionäre: Mehr dazu hier.

Tatsächlich beträgt sein Anteil an Liwet nur 40 Prozent; weitere 16.7 Prozent werden jedoch vom New Generation Trust gehalten, der von Topkadern der Renova kontrolliert wird und damit von Vekselbergs Umfeld. Dass der Oligarch deren Interessen dennoch nicht auf seine Linie bringen kann, liegt daran, dass beim Columbus Trust nicht er selbst der Entscheidungsträger ist, sondern – ähnlich wie im Schweizer Rechtssystem – ein unabhängiger Trustee, in diesem Falle ein russischer Jurist. Vekselberg hatte die Konstruktion mit verschiedenen Trusts wählen müssen, damit Liwet und deren Beteiligungen nicht als von ihm kontrolliert gelten und damit nicht unter die US-Sanktionen fallen, denen er selbst seit April letzten Jahres unterworfen ist.

«Es ist schwer, den Plan von Herrn Haefner zu bewerten»

S+B-Grossaktionär Martin Haefner (17.5 Prozent der Anteile) seinerseits hat vorgeschlagen, selber 325 Millionen Franken neues Kapital einzuschiessen, sofern Liwet von der Kapitalerhöhung ausgeschlossen ist. Das würde ihm mit 37.5 Prozent Anteil die Macht am Stahlkonzern sichern, zulasten von Liwet.

Der dadurch entstehende Kontrollwechsel würde jedoch eine sofortige Rückzahlung der ausstehenden S+B-Obligationen bedeuten, die sonst erst 2022 fällig wären. Das Geld aus der Kapitalerhöhung käme dann nicht dem Unternehmen, sondern den Gläubigern zugute. Zu den Plänen seines Gegenspielers äussert sich Vekselberg überraschend zurückhaltend: «Es ist schwer, den Plan von Herrn Haefner zu bewerten», sagt Vekselberg. «Ich weiss nur das, was die Medien darüber berichten, und diese Berichte hinterlassen mehr Fragen als Antworten.»