Zuerst rief der Kork-Lieferant an. Seine Korken kosten künftig wegen der Zölle 13 Prozent mehr, zwei Prozent nehme er auf seine Kappe. Dann meldete sich der Barrique-Händler. 100 bis 150 Dollar mehr pro Fass aus französischer Eiche. Doch es sind auch langfristige Investitionen, zum Beispiel in Kelter-Equipment, die ein Loch in die Finanzen der Produzenten reissen.
Von wegen Boost!
Kory Burke, ein kleiner Winzer in der kalifornischen Region Paso Robles formuliert seine Probleme in einem Artikel der englischen Zeitung «The Guardian» so: «Jedes einzelne Produkt, das wir hier verwenden, von unseren Pumpen bis hin zur Entrappungsmaschine, wird mit einer Anleitung in sechs Sprachen geliefert. Könnten wir einige dieser Dinge hier herstellen? Sicher, aber es würde drei Jahre dauern, bis die Produktion angelaufen ist, und die entspräche dann nicht den bisherigen Standards.»
Burke produziert im Familienbetrieb Dresser Winery hochpreisige Weine. Pinot gris und Rosé kosten 40 Dollar, die teuersten Rotweine 66 Dollar. Wer dem Wein Club beitritt, profitiert von Rabatten und Aktionen.
Zweimal im Jahr macht Burke seine Preise. Für den Herbst verzichtet er auf eine Anpassung, auch weil er das seiner Kundschaft versprochen habe. Egal, wie hoch die Zölle ausfallen. Über Laufkundschaft, die ihn beglückwünscht, jetzt könne er endlich so richtig durchstarten und noch mehr Wein verkaufen, kann er nur die Faust im Sack machen. Das Zoll-Regime beginnt an seiner Existenz zu kratzen.
Scharfes Statement der Lobby
Auch im US-amerikanischen Weinhandel werden die Zölle kritisiert. Der Gedanke, mit den Zöllen und der Verteuerung ausländischer Weine die heimische Produktion zu stützen, sei ein Trugschluss, so die «National Association of Wine Retailers» (NAWR). Die Lobby-Organisation formulierte nach dem Bekanntwerden der Zölle ein scharfes Statement. Die Rede ist von einer «grundlegenden Fehleinschätzung der Weintrinker und des Weinmarktes».
«Möchte ein Weintrinker einen roten Burgunder kaufen und er kann sich den Wein nicht mehr leisten oder der Wein ist nicht verfügbar, wird er nicht auf einen Pinot noir aus Oregon ausweichen, sondern gar keinen Wein kaufen», heisst es weiter.
EU-Weinimporte generieren auf dem US-Markt eine satte Wertschöpfung
Tatsächlich keltern die USA, auch wenn sie an sechster Stelle der Weltweinproduktion stehen, weniger Wein, als sie trinken. Die Zahlen des OIV (Internationale Organisation für Rebe und Wein) von 2024 legen offen, dass die USA 12,264 Millionen Hektoliter Wein importierten. Vieles davon kommt als Offenwein aus Kanada, Neuseeland oder Südafrika und wird in den Staaten abgefüllt.
2018 exportierten die EU-Länder 6,3 Millionen Hektoliter Wein im Wert von 3,8 Milliarden Euro in die USA. 2024 lag der Wert bei 4,88 Milliarden Euro. Eindrücklich sind auch die Zahlen des CEEV (Comité Européen des Entreprises Vins). Dort wird geschätzt, dass «für jeden Dollar, der durch europäische Weinexporte in den USA generiert wird, der amerikanische Vertriebs- und Gastronomiesektor 4,50 Dollar verdient». Das läge an dem dreistufigen Vertriebssystem (Hersteller, Vertreiber und Einzelhändler) von Alkohol in den USA.