Die einen sind noch in den Ferien, andere sind bereits wieder zurück. Die Heimkehrer sorgen für Abwechslung beim Mittagessen, schwärmen von ihren Erlebnissen und den besuchten Orten. Wie einer meiner Arbeitskollegen: Er erzählt von seinen Ferien in Südfrankreich, vor allem aber vom Besuch auf dem Weingut Châteauneuf-du-Pape.
«Das ‹eine› Weingut?», frage ich nach. «Ja», kommt es stirnrunzelnd zurück. Ob das denn falsch sei? Auch die anderen am Tisch blicken auf. Es heisse ja Château, so wie die Châteaux im Bordeaux. Da müsse doch auch das Châteauneuf-du-Pape ein Weingut sein.
Das klingt schlüssig, ist aber falsch. Denn Châteauneuf-du-Pape ist kein einzelnes Schloss, sondern eine ganze Weinregion in der Nähe von Avignon (ja, da, wo man auf der Brücke tanzt). Sie gehört zum südlichen Teil der Côte du Rhône. Während der nördliche Teil für die reinen Weine aus der Syrahtraube bekannt ist, feiert man hier die bunte Vielfalt an Trauben. Clairette, Roussanne, Bourboulenc, Picpoul, Syrah, Mourvèdre, Cinsault, Grenache und viele mehr.
Typisch: Lokale Cuvée
Alles aromatische Trauben, die einen Hang zu viel Zucker und in der Folge zu hohem Alkoholgehalt entwickeln. Doch das ist nicht schlecht, denn Alkohol ist Geschmacksträger, und so schmecken auch die Weine dieser Region: volle Frucht bei sehr dunklen Weinen, wie Samt auf der Zunge.
Die Trauben reifen aufgrund der südfranzösischen Sonne voll aus. Zusätzlich kühlen sie auch in der Nacht nicht aus wegen der sogenannten Galets roulés. Die grossen runden Kieselsteine – im Scherz auch «Rolling Stones» genannt – sorgen einerseits für Finesse, anderseits speichern sie tagsüber die Hitze und geben sie nachts wieder ab. Denn in der Nacht kann es hier auch im Sommer abkühlen. Mitunter ein Grund, weshalb Papst Johannes XXII. im Jahr 1318 in der Region eine Sommerresidenz erbauen liess: das Châteauneuf-du-Pape, das heute jedoch eine Ruine ist.
Aber halt, Papst und Frankreich? Tatsächlich gab es eine Zeit, in welcher der Papst in Avignon residierte. Die Sitzverlegung aus Rom geht auf den Vorgänger, Clemens V., im Jahr 1309 zurück. Er starb 1314, worauf das zweitlängste Konklave der Geschichte folgte. Die Kardinäle wurden gar eingemauert, bis sie sich endlich auf Papst Johannes XXII. einigten. Erst 62 Jahre später sollte der Sitz des Papstes nach Rom zurückverlegt werden, worauf das Abendländische Schisma folgte. Doch das ist eine andere Geschichte.
Johannes XXII. blieb während seiner 18-jährigen Regierungszeit in Avignon. Er griff gerne auf Wein zurück, auch weil das Getränk zu jener Zeit als gesund und wichtig galt. Dafür vergrösserte er den päpstlichen Besitz in der Region, förderte den Weinbau und legte so den Grundstein für die heute sehr erfolgreiche Weinregion.