Mein Lieblingsrestaurant hat die Karte gewechselt und ich juble. Endlich gibt es wieder Spätzli, Rotkraut, Reh und Preiselbeeren. Und dazu ein gutes Glas Rotwein. Nur: welchen?

Wild ist zwar ein deftiges Essen, aber all die einzelnen Elemente wie fruchtige Preiselbeeren, knackige Spätzli, schwere Sauce und zartes Fleisch bringen Weinverantwortliche in ein regelrechtes Dilemma. Die Vielfalt auf dem Teller fordert die Vielfalt im Glas. In der Fachsprache braucht der Wein Primär-, Sekundär- und Tertiäraromen. Wie bitte?

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Die Primäraromen gibt die Traube. Beim Rotwein sind das meist Beeren, rote wie die Erdbeere oder schwarze wie die Cassisbeere. Die Sekundäraromen entstehen beim Ausbau im Keller. Da kommt das Fass zum Zug. Küfer toasten ihre Holzfässer – diese Röstaromen wiederum landen im Wein: Karamell, Rauch oder Schokolade. Zudem durchlaufen alle Rotweine den biologischen Säureabbau, was ihnen buttrige Noten gibt.

Die tertiären Aromen entstehen durch die Lagerung in der Flasche. Entweder verstärken sie die Fruchtkomponente und machen aus frischen Beeren und Früchten verarbeitete – Feigenkompott, Pflaumenkonfitüre, getrocknete Beeren. Oder sie fallen ins Tierische – Leder, Bauernhof und Wildbret – oder ins Waldige – Tabak, Pilze und Laub.

Warum aber verlangt jetzt ein Wildteller nach einem Wein mit allen Aromen?
Da ist zuerst das Fleisch; Hirsch, Reh, Hase oder Wildschwein, seltener auch Gams. Die Tiere leben auf Zack, brauchen ihre Muskeln und setzen kein Fett an. Das Fleisch ist feinfaserig – und bedeutet genau deshalb Schwerstarbeit für unseren Magen. Dazu schmeckt das Fleisch strenger als Kalbsplätzli oder Schweinsmedaillons. Diese Mischung verlangt nach einem Wein, der beidem gegenhält.

Typisch: Walliser Syrah

<p>La Syrah de la Cave de L'Orlaya est un vin rouge puissant et élégant, élevé 18 mois en barrique. Au nez, ce vin révèle des arômes frais de menthol et d’eucalyptus, accompagnés de notes poivrées et fruitées de cassis. En bouche, il combine puissance et finesse, avec des tanins bien intégrés. Les saveurs de fruits noirs et d’épices dominent, offrant une finale remarquablement longue et harmonieuse.

Quelle:
https://lagrappe.ch/products/syrah-cave-de-lorlaya
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Quelle: lagrappe.ch

Eine Frau, ein Wort: Seit Mathilde Roux die Cave de l’Orlaya im Unterwallis übernommen hat, stellt sie nur noch reinsortige Weine her – dafür vielschichtige. So wie ihr Syrah: Sonnige Hanglage und 18 Monate Fassausbau hat der Wein hinter sich. Er vermischt Frische, Pfeffernoten und schwarze Beeren mit Tanninen am Gaumen. Der Jahrgang 2022 darf noch in den Keller.

Syrah, Cave de l’Orlaya, Wallis, 2022, 30 Fr., 13% vol. Alk.

Dann ist da die Sauce zum Fleisch. Rehpfeffer geht direkt in die Nase und hat selber schon Geschmack genug. Ein zu fruchtiger Wein stünde gegen diese würzigen Aromen quer im Raum. Dann kommen jedoch die Spätzli, die, kross gebraten, Gefahr laufen, bei einem zu schweren Wein unterzugehen. Sie vertragen sich aber gut mit etwas Buttergout im Wein. Der krautige Rosenkohl und das Rotkraut erfordern einen Wein mit Würze. Das Apfel- oder Birnenstück mit Preiselbeeren hingegen braucht einen Wein mit fruchtigen Kompottaromen zum Abrunden.

Was also soll man nun im Restaurant für die Gesellschaft bestellen? Welche Weine vereinen all diese Elemente und Aromen in sich? Als Faustregel gilt: Weine ab Jahrgang 2021. Sie haben bereits ein schönes Alter erreicht. Dazu eine Traube aus sonnigem Gefilde: ein Südfranzose, etwa aus dem nördlichen Rhonetal, ein Reserva-Rioja aus Spanien oder ein Barolo aus Italien. Sie entstehen aus fruchtigen Trauben, reifen im Holzfass und tendieren zu Tertiäraromen. Mit so einem Glas Wein schmeckt der Wildteller noch besser!