Gleich vier Parteien sind am Samstag in die heisse Phase des Wahlherbstes gestartet. Während die FDP ein Wahlfest feierte, setzte sich die EDU mit einer Referendumsdrohung gegen die Stiefkindadoption in Szene. Die Spitzen der SVP und der Grünen riefen mit eingängigen Voten die Wahlkampfthemen in Erinnerung.

«Es gibt eine Krise der weltweiten Gerechtigkeit»

«Es gibt keine Asylkrise in der Schweiz, es gibt eine Krise der weltweiten Gerechtigkeit», sagte Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen, in ihrer Präsidialrede in Schaffhausen. Eine Welt, in der viele nichts mehr zu verlieren hätten, sei eine sehr gefährliche Welt. Die Grünen wollen unter anderem die privaten Initiativen zur Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen in der Schweiz stärken.

Rytz rief dazu auf, nicht auf Scharfmacher von SVP, FDP und CVP zu hören, die sich in Vorschlägen zur Schwächung und Abschaffung des Asylrechts überböten und «die humanitäre Tradition der Schweiz entsorgen» wollten.

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Ohne Ressourcen keine Wirtschaft

Zu den Wahlkampfthemen der Grünen gehört neben der Umwelt- und der Europapolitik auch die Wirtschaftspolitik. Umweltpolitik sei nicht schlecht für die Wirtschaft, denn eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise sei längerfristig unerlässlich, sagte Co-Präsidentin Adèle Thorens. «Wenn wir nämlich keine Ressourcen mehr haben, gibt es auch keine Wirtschaft mehr.»

Mit dem ökologischen Umbau der Wirtschaft liessen sich Kosten sparen und nachhaltige Arbeitsplätze schaffen, heisst es in einer am Samstag verabschiedeten Resolution der Grünen. Die Co-Präsidentinnen sprachen im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen vom Oktober von einer Richtungswahl. Und zwar nicht nur «zwischen Klimakatastrophe und Cleantech-Arbeitsplätzen» sondern auch «zwischen Bankkonto und Menschlichkeit».

SVP diesmal Anti-EU

Auf der weit entfernten St. Luzisteig GR sprach SVP-Parteistratege Christoph Blocher vor rund 900 Anhängerinnen und Anhängern ähnlich eingänging von einem Schicksalsjahr. Es gehe um Grundsätzliches: Wenn die Schweiz nicht den Weg der SVP gehe, lande sie in der EU.

SVP-Präsident Toni Brunner zeichnete ein Bild einer Schweiz, die in Gefahr ist durch eine masslose Zuwanderung, Gewalt und Kriminalität, terroristische Anschläge sowie den «Drang von Politikern, die Schweiz in die EU zu führen».

Er machte deutlich, welche Politik die SVP verfolgt: Keinen Anschluss an die EU, Zuwanderung begrenzen auf eine Einwohnerschaft von unter zehn Millionen, Ausschaffung krimineller Ausländer, Kampf den Missbräuchen im Asylwesen und tiefe Steuern. Es ist das Wahlversprechen, auf das sich alle SVP-Kandidatinnen und -Kandidaten verpflichten liessen.

Referendumsdrohung der EDU

Die EDU setzt in ihrem Wahlkampf auf ihre traditionellen Themen wie die Ehe und den «Schutz des Lebens». An ihrer Delegiertenversammlung in Huttwil BE hat sie angedroht, das Referendum zu ergreifen, falls das Parlament die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare erlauben sollte.

«Die echte, traditionelle Familie darf andern Partnerschaften mit Kindern nicht gleichgestellt werden», erklärte Parteipräsident Hans Moser vor den rund 70 Delegierten. Den Entscheid, die Gesetzesrevision notfalls mit einem Referendum zu bekämpfen, fällte die Partei einstimmig.

FDP mit grosser Show

«Wir sind heute hier für ein Volksfest und nicht für eine Politveranstaltung», stellte FDP-Präsident Philipp Müller zu Beginn des Anlasses «Tag der FDP» in Sursee LU klar. Vor rund 1500 Sympathisantinnen und Anhängern freute er sich über den Aufmarsch.

Auf dieser Bühne, vor diesem Publikum fühle er sich ein bisschen wie Mick Jagger, sagte Müller - auch wenn er nicht singen könne. Die Grundwerte der FDP - Freiheit, Gemeinsinn, Fortschritt - euphorisch in Erinnerung rufen aber, das konnte der Parteipräsident sehr wohl. «Diese Werte stellen das Dach, unter dem die FDP politisiert.»

Die Schweiz der Zukunft basiere auf freisinnigen und liberalen Werten. Die FDP stehe nicht für Abschottung und Isolation. «Wir wollen ein gutes Verhältnis mit unseren Nachbarstaaten und der internationalen Welt», sagte Müller. Eine der wichtigsten anstehenden Herausforderungen sei, das Verhältnis zur EU zu regeln.

Er wurde zusammen mit den beiden FDP-Bundesräten Didier Burkhalter und Johann Schneider-Ammann zum Schluss im blau-weissen Ballonmeer wie ein Rockstar gefeiert.