Der Bundesrat hat das bisher freiwillige Homeoffice zur Pflicht gemacht. Zumindest vorübergehend und dort, «wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist».

Manche Arbeitnehmende arbeiten bereits seit Monaten zu Hause. Doch da es sich bisher nur um eine Empfehlung der Politik gehandelt hat und damit freiwillig war, gab es auch keinen Anspruch, vom Arbeitgeber entschädigt zu werden. Ändert sich das nun?

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Anders als beim ersten Lockdown im Frühjahr hat der Bundesrat diesmal vorgesorgt: In der Verordnung heisst es, dass es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Entschädigung gibt, etwa für Strom und Miete. Das Argument: Die Anordnung sei nur vorübergehend. Lediglich Spesen müssen Unternehmen ihren Mitarbeitenden bezahlen, also zum Beispiel Kosten für Porto, Druckerpatronen oder Papier, da diese auch im Büro anfallen würden.

▶︎ Muss mir die Firma wirklich nichts für das Homeoffice zuschiessen?

Bei den Mietkosten hat der Bundesrat recht. Allerdings sei die Formulierung nicht eindeutig und könne falsch verstanden werden, sagt Thomas Geiser von der Universität St. Gallen: Denn Unternehmen seien sehr wohl verpflichtet, ihre Mitarbeitenden für Zusatzkosten zu entschädigen. «Dem Bundesrat steht nicht zu, Verträge im Obligationenrecht zu ändern, sprich das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, soweit es nicht unmittelbar um gesundheitliche Regeln geht», erklärt Arbeitsrechtler Geiser.

Der Bundesrat kann zwar Unternehmen dazu verpflichten, Homeoffice anzuordnen, aber nicht entscheiden, ob finanzielle Entschädigungen zulässig sind oder nicht. Den Arbeitnehmenden gegenüber sei das nicht fair; dahinter stecke wohl eine starke Arbeitgeberlobby, so Geiser. Ihn überrascht dieses «unbedarfte» Vorgehen von Bundesrat und BAG dennoch.

▶︎ Welche Kosten müssen Arbeitgeber übernehmen?

Der Arbeitgeber muss vor allem die technische Ausstattung wie Laptop oder Computer sicherstellen. Wenn ein Arbeitnehmer im Einverständnis mit dem Arbeitgeber selber Geräte oder Material für die Ausführung der Arbeit zur Verfügung stellt, so ist er dafür grundsätzlich angemessen zu entschädigen.

Impfung als Karriereturbo

Arbeitswelt: Noch sind nicht einmal die über Achtzigjährigen in der Schweiz geimpft. Aber schon in den nächsten Monaten wird die Zahl der Geimpften grösser und die Geimpften jünger. Wie wirkt sich die Impfung auf deren Berufsleben aus?

Businesstrips: Könnte jemand etwa schneller befördert werden, weil er durch die Impfung wieder auf Geschäftsreisen gehen kann? In privaten Arbeitsverhältnissen gilt grundsätzlich die Vertragsfreiheit (Art. 19 Abs. 1 OR). «Wenn es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, in welchem beispielsweise Geschäftsreisen ins Ausland dazugehören, sehe ich in einer entsprechenden Bevorzugung bei Beförderungen tendenziell kein Problem», sagt die Arbeitsrechtlerin Nicole Vögeli Galli.

Einreiseregeln: Dies sei insbesondere dann denkbar, wenn verschiedene Staaten in Zukunft die Einreise oder wenn Transportgesellschaften die Beförderung vom Nachweis einer Impfung abhängig machen. Gelten solche Regeln nicht, seien solche Bevorzugungen heikel.

«Der Umfang der Befreiung von einer Auslagenentschädigung erscheint bis auf die vom Bundesrat ausdrücklich erwähnten Beispiele der Strom- und Mietkosten unklar», schreibt der Verband Angestellte Schweiz auf seiner Website.

So können Angestellte eine Kompensation für die Nutzung des privaten Druckers (Papier und Druckerpatronen), Telefonkosten und gegebenenfalls die Anschaffung von zusätzlichen Geräten verlangen. Auch Büromaterial und Portokosten müssen bezahlt werden.

Doch auch für Strom- und Heizungskosten könnten Arbeitnehmende sich entschädigen lassen, weil sie einen zusätzlichen und auch bezifferbaren Mehraufwand darstellen. Allerdings dürften es normalerweise eher kleine Beträge sein, sodass sie kaum ins Gewicht fallen.

▶︎ Könnten Geimpfte von der Pflicht zum Homeoffice entbunden werden?

Unter der ab 18. Januar 2021 geltenden Regelung dürften auch Geimpfte nicht zurückgerufen werden, ausser wenn betriebliche oder sonstige, sehr dringende Gründe dafür sprechen würden, erläutert die Zürcher Fachanwältin für Arbeitsrecht Nicole Vögeli Galli.

Liegen solche Gründe vor, dürfen auch Ungeimpfte an den Arbeitsplatz zurückkehren. Nicole Vögeli Galli: «Betriebliche Gründe können sein, dass bestimmte Aufgaben zwingend vor Ort auszuführen sind. Allerdings dürfen auch der generelle Gesundheitsschutz und weitere Aspekte nicht ausser Acht gelassen werden.»

Leidet jemand im Homeoffice oder können Geheimhaltungspflichten nicht eingehalten werden, etwa bei hochsensiblen Unterlagen, die zu Hause nicht ausreichend geschützt werden können, müssen diese Personen mit Schutzmassnahmen auch ohne Impfung zurückkehren oder vor Ort bleiben.»

▶︎ Können Chefs den Nichtgeimpften Aufgaben entziehen?

Das Tätigkeitsgebiet zählt als Vertragsbestandteil. Arbeitsverträge können grundsätzlich nicht einseitig abgeändert werden. Sollte es sich um vorübergehende Änderungen im Tätigkeitsgebiet handeln, welche aufgrund einer speziellen Situation notwendig sind, können diese ausnahmsweise einseitig vom Arbeitgeber per sofort angeordnet werden. «Für längerfristige Änderungen des Tätigkeitsgebietes oder für eine Anpassung des Lohnes wäre zwingend eine Änderungskündigung nötig, falls der Arbeitnehmende nicht zustimmt», so Expertin Vögeli Galli.

Solange die Neuverteilung sachlich begründet ist, liege keine Missbräuchlichkeit der Änderungskündigung vor. Der sachliche Grund kann durchaus darin bestehen, dass geimpfte Personen besser oder breiter einsetzbar sind, aber vor allem darin, dass damit deren Gesundheit oder die Gesundheit anderer besser geschützt wird.

▶︎ Kann die Impfung ein Kriterium für eine Einstellung werden?

Bei Arbeitsplätzen mit direktem Kontakt zu vulnerablen Personen (Pflegeberufe und Betreuungseinrichtungen) und generell bei engeren Kontakten mit Drittpersonen (Kundinnen, Schülern, Fluggästen) oder auch mit anderen Mitarbeitenden (Produktion mit vulnerablen Personen am Arbeitsplatz) kann ohne Gesetzesänderung eine Impfung verlangt werden, wenn sonst das Risiko zu gross ist.

«Hingegen dürfte das generelle Verlangen von Impfungen bei allen Einstellungen unabhängig der Arbeitstätigkeit aktuell nicht möglich sein», so Nicole Vögeli Galli. Dies gelte aber vor allem bei Krankheiten mit hoher Immunisierung in der Bevölkerung.

Die Frage, ob die Covid-19-Impfung bei jeder Bewerbung generell verlangt werden kann, sei jedoch schwieriger zu beantworten. Wird unter die Pflicht des Arbeitgebenden zum Gesundheitsschutz subsumiert, dass er generell Ansteckungen zu verhindern hat, wäre als Anstellungsbedingung die Covid-19-Impfung als zulässig zu erachten und würden keine gesetzlichen Anpassungen benötigt.

Die Arbeitnehmenden müssten sich diesen Eingriff gefallen lassen, das Interesse am allgemeinen Gesundheitsschutz überwiegt die persönliche Freiheit beziehungsweise den Persönlichkeitsschutz. Abzuwarten seien aber Urteile von Gerichten, die bei diesem Thema naturgemäss noch ausstehen.

Stefan Mair
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