Herr Beyer, Sie besitzen und führen das älteste Uhrengeschäft der Welt. Nützt Ihnen der Superlativ etwas?
Wenn man Tradition modern lebt, ist sie durchaus sehr viel wert. Wenn Tradition aber dazu führt, dass sich Staub ansetzt, wird sie irgendwann zum Handicap. Dessen bin ich mir bewusst.

Heisst?
Eine Stärke von mir ist, dass ich das, was ich nicht weiss, auch nicht selber zu machen versuche, sondern Leute involviere, die das Know-how haben. Deshalb bin ich auch keine One-Man-Show, sondern beschäftige 60 Mitarbeitende.

Was bringt Sie aus der Ruhe?
Wenn Sie überlegen, was wir alles schon überlebt haben, wird Sie meine Antwort nicht überraschen: Nichts.

Die Corona-Krise?
Die hat mir nur wieder einmal bewusst gemacht, wie unbedeutend wir sind.

Läuft Ihr Geschäft denn?
Wir nagen nicht am Hungertuch. So wie es aussieht, werden wir mindestens 75 Prozent des Umsatzes unseres Rekordjahrs 2019 erreichen.

Wie bitte? Trotz Lockdown, trotz ausbleibender Kunden aus dem Ausland? Wie kommts?
Verschiedene Gründe: Zum Beispiel war Ware, die ich normalerweise für ausländische Kunden auf der Seite habe, nicht reserviert. Nach dem Lock-up am 8. Juni haben wir Schweizer Kunden persönlich eingeladen und Geschäfte abgeschlossen, mit denen ich selbst nicht gerechnet hätte. Die Kauflust nach wochenlangem Eingesperrtsein war gross.

Andere an der Bahnhofstrasse streichen die Segel …
In so einer Situation gibt es Verlierer und einige, die das Beste aus der Situation machen und sagen: Jetzt erst recht. Zu denen gehöre ich. Wir haben unser Geschäft renoviert, und ich bin gerade dabei, Vorkehrungen zu treffen, um bei einem nächsten Lockdown einiges besser machen zu können als beim ersten.

Zum Beispiel?
Ich werde für meine Kunden viel präsenter sein, es wird Podcasts geben, Beyer-TV und 1:1-Austausch. Dafür bin nun technisch am Aufrüsten.

Unternehmerisch würden Sie einen weiteren Lockdown packen?
Ich wäre der Erste in acht Generationen Beyer gewesen, der nicht mit einer Pandemie, einem Krieg oder sonst einer tief greifenden Krise zu kämpfen gehabt hätte – und werde das meistern.

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Iris Kuhn Spogat
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