Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Trump und seine Mauern. Einerseits versucht er im schwelenden Handelsstreit die chinesische Handelsmauer einzureissen. Andrerseits ist ihm jedes politische Mittel recht, die Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen. Schliesslich bastelt er an einer «Importmauer», um die US-Automobilindustrie vor der harten Deutschen Konkurrenz zu schützen.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Der leicht abgeänderte Hit der Beatles «With a little help from the FED & ECB» ist Ursprung des fulminanten Börsenstarts. Zusätzlich haben die guten Jahreszahlen der drei SMI-Musketiere zur guten Performance beigetragen. Allerdings ist das Ende der Fahnenstange in Sicht und (unternehmensspezifische) Gewinnmitnahmen sind durchaus möglich beziehungsweise angebracht.

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MarioGenialeCICBoerseninterview

*Mario Geniale ist als Chief Investment Officer verantwortlich für die Anlagepolitik der Bank CIC. Der diplomierte Vermögensverwalter und Finanzexperte verfügt über langjährige Erfahrung im Portfolio Management und Advisory.

Quelle: Pablo Wunsch Blanco

Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Der SMI gleicht einer Fahrt auf der Achterbahn. Seit Jahresbeginn ging es steil nach oben, nicht zuletzt dank den besänftigenden Worten der Zentralbanken und Trumps Schmusekurs mit China. Die Finanzmärkte bleiben aber volatil und Donald Trump ist immer für einen überraschenden Tweet gut. Die alte Börsenfloskel «Buy low – sell high» gepaart mit Timing-Qualitäten sind gefragt. Wir wären nicht überrascht, wenn der SMI nach zwölf Monaten wieder den Ausgangspunkt ansteuert.

Mit Alcon wird demnächst ein grosses Unternehmen in der Schweiz an die Börse gehen. Rechnen Sie mit weiteren grossen Börsengängen in der Schweiz in diesem Jahr?
Wir betrachten den Börsengang von Alcon nicht als IPO im eigentlichen Sinne. Er ist vielmehr ein Schlussstrich unter die Vasella-Ära. Natürlich gibt es für 2019 einige zusätzliche Kandidaten für einen Börsengang, vor allem kleinere Unternehmen unter anderem aus dem Medtech-Bereich (Medacta, Implantica). Ein grösserer Fisch im IPO-Teich ist die von Peter Spuhler kontrollierte Stadler Rail. Aufgrund der andauernden Unsicherheiten (Brexit, Handelskonflikte) sind aber alle Kandidaten im Stand-by-Modus.

Investoren aus China haben in den vergangenen Jahren zahlreiche europäische Unternehmen gekauft oder sich an ihnen beteiligt. Hält dieser Trend an?
Der Trinkflaschenhersteller Sigg, der Produzent von Schuhe Bally oder das Luxushotel Palace in Luzern sind nur drei von vielen Beispielen chinesischer Einkäufe. Auch ausserhalb der Schweiz haben die chinesischen Investitionen über die letzten zehn Jahre deutlich zugenommen. Nun zeigen sich jedoch erste Anzeichen einer Trendumkehr aufgrund schärferer Investitionskontrollen in Frankreich, Deutschland, Italien, Grossbritannien aber auch in den USA. Diese haben die Richtlinien verschärft und regulieren stärker das Screening von ausländischen Investoren. Ob sich die Trendumkehr bewahrheitet oder die chinesischen Investoren wieder vermehrt in Europa zugreifen, hängt davon ab, ob die Regierung in Peking die Einkaufstour der hochverschuldeten Konglomerate weiterhin zulässt. Die chinesische Finanzaufsicht nahm zuletzt verschiedene Grossinvestoren unter die Lupe, wodurch beispielsweise die HNA ihre Auslandinvestitionen reduzierte.

US-Präsident Donald Trump kritisiert die Stärke des Dollar. Wird die hohe Bewertung des «Greenback» in diesem Jahr anhalten – und wenn ja, wieso?
Kurz und knapp: Nein. Genügt auch hier wie beim Ölpreis eine Tweet-Tirade von Trump, um den Dollar zu schwächen? So einfach ist es nicht. Aber es übt psychologisch Druck auf den US-Dollar aus. Dank der robusten Verfassung der US-Wirtschaft und der US-Börse ist der «Greenback» gesucht. Das stützt die US-Valuta. Mit Blick auf den momentanen Marschhalt bei den US-Leitzinsen aufgrund der ruhigen Hand der FED fehlt allerdings der Auftrieb. Für den Aussenhandel ist zudem ein schwacher Dollar willkommen. Wir sehen den USD/CHF bei 0.94 per Ende Jahr.

Griechenland leiht sich erstmals seit Jahren wieder Geld auf dem Kapitalmarkt. Hat der Mittelmeerstaat die schwere Wirtschaftskrise überwunden?
Am Dienstag kassierte der griechische Staat insgesamt 2,5 Milliarden Euro für die Emission neuer Anleihen. Anfang des Jahres konnten bereits Anleihen langfristiger Laufzeit im Wert von 2,5 Milliarden platziert werden. Somit sind nun fünf der benötigten sieben Milliarden Euro für eine in diesem Jahr erfolgreiche Refinanzierung schon im Topf. Die Rendite für 10-Jährige Anleihen sank auf 3,9 Prozent. Die ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den 6,3 Prozent von der letzten Emission im 2010. Statistisch gesehen sind die Zahlen vielleicht weit entfernt von jenen einer Wirtschaftskrise. Die tatsächlichen Gefahren liegen aber in weniger quantifizierbaren Faktoren. Die Effizienz des Staatsapparats, die Reduzierung der Korruption und eine erhoffte politische Mässigkeit der entfremdeten Wählerschaft sind in den kommenden Jahren die entscheidenden Faktoren einer erfolgreichen Erholung.

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