Die Pandemie hat das Gesundheitswesen enorm beansprucht und verstärkt den Druck auf alle Akteure im Markt, Zukunftsszenarien zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2020» von Pwc Schweiz. Thematisiert werden darin die finanziellen, strategischen und operativen Spuren, die Covid-19 bei den Leistungserbringern hinterlassen hat.

Profitabilität eingebrochen

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Bedingt durch die Pandemie mussten Schweizer Spitäler und Kliniken im Berichtsjahr 2020 einen finanziellen Gesamtschaden (vor Kantonsbeiträgen) von 1.3 bis 1.5 Milliarden Franken hinnehmen. Die Leistungserbringer gerieten ertragsseitig stark unter Druck. 

Die Studie analysiert die Spitalzahlen anhand einer Stichprobe von 45 Akutspitälern verschiedener Grössen und aus verschiedenen Landesteilen und stellt fest, dass die Umsätze 2020 um durchschnittlich 0,4 Prozent abnahmen. Die Kosten oberhalb des EBITDAR (Personal- und Sachaufwand exkl. Miete) hingegen stiegen um 1,4 Prozent. Nur 28 Prozent der untersuchten Akutspitäler wiesen für 2020 ein positives Jahresergebnis aus; für 2019 waren es noch 60 Prozent. Unter dem Strich kommen die Studienautoren allerdings zu dem Schluss: “Der finanzielle Schaden dürfte weniger gross ausfallen als ursprünglich angenommen.”

Tarifsysteme der Zukunft

Die Studie greift darüber hinaus Schlüsselentwicklungen in der Tariflandschaft auf. Im Interview spricht sich Dr. med. Simon Hölzer, CEO der SwissDRG AG, für eine gezielte Weiterentwicklung der Vergütung von Spitalleistungen aus: “Die Krise hat uns gezeigt, dass die streng fallpauschalorientierte Finanzierung Risiken aufweist, insbesondere an der Schnittstelle zu gemeinwirtschaftlichen Leistungen oder besonderen Vorhalteleistungen”, wird er zitiert. Erforderlich seien neue Zukunftsszenarien: Wie lassen sich Vorhalteleistungen verpflichtend und einheitlicher entschädigen? Wo sind zusätzliche, nicht primär umsatzgesteuerte Vergütungsformen notwendig?

Zusatzversicherungsmarkt in Bewegung

Die Leistungsträger müssen zeitnah Mehrleistungskonzepte erarbeiten, um ihre innovativen Leistungen verständlich zu beschreiben, empfehlen die Experten von Pwc für die Zukunft. In der Studie spricht Philomena Colatrella, CEO der CSS-Versicherungen, über das Potenzial von flexiblen und dynamischen Versicherungsprodukten mit einem starken Fokus auf die Behandlungsqualität.

Klare Zuweisung der Verantwortlichkeiten

Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, zieht in der Studie einen Strich unter das Pandemiejahr 2020. Er sieht drei Kategorien bei den Schadens- respektive Verlustpositionen der Leistungserbringer:

  • Erstens entstanden unmittelbare Zusatzkosten zur Bewältigung der Pandemie. Das sind Ausgaben, um die Stationen umzubauen, Zusatzpersonal anzustellen, Testzentren aufzubauen, Schutzmaterial zu beschaffen und Abläufe umzustrukturieren. “Nach unserem Verständnis sollten die Kantone dafür aufkommen”, sagt Engelberger.
  • Zweitens sieht er beim Tarifschutz  die Tarifpartner in der Verantwortung. “Man wird über Tarifzuschüsse reden müssen, rückwirkend auf Leistungen, die 2020 oder 2021 erbracht wurden.” Engelberger äussert Verständnis, “dass die Krankenkassen nicht für nicht erbrachte Leistungen zahlen können oder dürfen”. Aber in einer Pandemie seien auch sie dem Tarifschutz verpflichtet. Er unterstreicht: “Ich hätte hier von den Leistungserbringern substanziellere Avancen erwartet.”
  • Drittens sieht er bei den Ertragsausfällen den Bund in der Verantwortung und nicht die Kantone. Der Bund habe für März und April 2020 nicht dringliche medizinische Behandlungen untersagt. “Das wäre rückblickend nicht überall in der Schweiz notwendig gewesen”, sagt er. Deshalb müsse der Bund auch die finanzielle Verantwortung dafür übernehmen. (pm/hzi/mig)