Nur wenige Pensionskassen informieren transparent und öffentlich über ihre Nachhaltigkeitsstrategie. Darum hat Greenpeace Schweiz Anfang Februar das Online-Tool «PensionWatch» lanciert, mit dem Versicherte ihrer Pensionskasse konkrete Fragen zu deren Nachhaltigkeit stellen konnten. In den vergangenen Wochen gelangten so rund 1200 Versicherte an über 130 Pensionskassen.

Pensionskassen zeigen wenig Bereitschaft zu Nachhaltigkeit

Doch längst nicht alle Vorsorgeeinrichtungen reagierten: Am Ende lagen nur Antworten von 46 Kassen vor. Diese zeigen: Die Bereitschaft, die eigenen Versicherten transparent und umfassend über die Nachhaltigkeitsstrategie zu informieren, ist klein. Selbst öffentlich-rechtliche Anstalten wie die Pensionskassen der Kantone Zug, Schaffhausen, Jura und Genf haben nicht auf die Kontaktaufnahme ihrer Versicherten reagiert. Auch nicht grosse Vorsorgeeinrichtungen wie Complan, die Pensionskasse der Swisscom, und die Sammelstiftung Helvetia.

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Petition für nachhaltige Pensionskassen eingereicht

Letztes Jahr hat Greenpeace Schweiz in einem Bericht die durchschnittlichen Investitionen der Schweizer Pensionskassen in Regenwald zerstörende Unternehmen berechnet und aufgezeigt: Die Vorsorgeeinrichtungen sind mit mindestens 60 Milliarden Franken in Unternehmen investiert, die für die Abholzung von tropischen Wäldern besonders verantwortlich sind. Eine daraufhin gestartete Petition an die Pensionskassen, den Schweizerischen Pensionskassenverband ASIP und die Politik haben bis heute über 19’000 Menschen unterzeichnet.

Sie fordern, dass die Pensionskassen müssen ihr gesamtes Handeln an den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung ausrichten. Insbesondere bezüglich Klima, Artenvielfalt und sozialverträglicher Transition. Sie müssen über ihre Strategie und ihre Fortschritte grösstmögliche Transparenz herstellen. Greenpeace Schweiz hat die Petition für nachhaltige Pensionskassen bei rund 750 Pensionskassen, beim Schweizerischen Pensionskassenverband ASIP, beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) und dem Parlament eingereicht.

Publica und Migros Pensionskasse als löbliche Ausnahmen

Die systematische Dekarbonisierung ihres Anlageportfolios gehen erst wenige Pensionskassen an. Zudem fehlen oft Zwischenziele. Ein langfristiges 2050-Klimaziel ist jedoch nichts wert, wenn keine Zwischenziele das Tempo der Emissionsreduktionen vorgeben. Dass es geht, zeigen zum Beispiel die Migros-Pensionskasse und die Publica.

Die überwiegende Mehrheit der Vorsorgeeinrichtungen nutzt ihre Einflussmöglichkeiten auf die investierten Unternehmen via Stimmrecht und Engagement-Prozessen noch viel zu wenig zugunsten von Nachhaltigkeitszielen. Falls die Pensionskassen ihre Stimmrechte überhaupt einsetzen, überlassen sie die Entscheidung meist ihren Asset Managern, die hauptsächlich im Sinne von kurzfristiger Rendite handeln. Wenige positive Ausnahmen wie die Retraites Populaires, Abendrot und Previs geben an, ihre Stimmrechte zugunsten von Nachhaltigkeitszielen zu nutzen, indem sie den Empfehlungen von Dienstleistern wie Ethos, EOS at Federates Hermes, ISS-ESG oder Inrate folgen.

Engagement-Pools ausweiten

Für eine Einflussnahme mittels Engagement-Dialogen organisieren sich die nachhaltigen Kassen in Engagement-Pools. Dies ist grundsätzlich positiv. Doch die Anzahl der Unternehmen, auf welche die Pools Einfluss nehmen, ist beschränkt und müsste ausgeweitet werden. Auch sollten sich die Pensionskassen in ihren Pools noch stärker für Aktionärsanträge zugunsten von mehr Nachhaltigkeit bei den investierten Unternehmen engagieren.

«Fehlende Definitionen und Einigkeit bezüglich nachhaltigem Anlegen ist in der Finanzwelt grundsätzlich ein grosses Problem.»

Niki Vischer, Expertin für eine nachhaltige Finanzwirtschaft, Greenpeace Schweiz

Impact Investing steckt noch in den Kinderschuhen

Bei Investitionen in Nachhaltigkeitslösungen mittels Impact Investments herrscht ein unklares und uneinheitliches Verständnis, was darunter tatsächlich zu verstehen ist. Eine Einordnung und Bewertung der Aussagen zu diesem Thema sind nicht möglich. «Es scheint, dass sich Pensionskassen vor Begriffen wie Impact Investing scheuen, weil es dafür keine allgemeingültige Definition gibt und daher rasch Greenwashing-Vorwürfe im Raum stehen könnten oder dies andersherum sogar als entgegen ihrem rechtlichen Auftrag erachtet werden könnte», sagt Niki Vischer, Expertin für eine nachhaltige Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. «Fehlende Definitionen und Einigkeit bezüglich nachhaltigem Anlegen ist in der Finanzwelt grundsätzlich ein grosses Problem. Es braucht dringend verbindliche Mindestanforderungen für sogenannt nachhaltige Anlagen.»

«Die meisten der angeschriebenen Pensionskassen drücken sich vor einer Antwort.»

Peter Haberstich, Experte für eine nachhaltige Finanzwirtschaft, Greenpeace Schweiz

Greenpeace ist pessimistisch

Peter Haberstich, Experte für eine nachhaltige Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz, zieht ein ernüchterndes Fazit: «Die meisten der angeschriebenen Pensionskassen drücken sich vor einer Antwort. Wir haben darum wohl grösstenteils Rückmeldungen von Pensionskassen bewertet, die sich teilweise schon für den Schutz des Klimas und der Biodiversität und damit für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen engagieren. Aber auch bei diesen Einrichtungen besteht noch viel Luft nach oben. Das lässt wenig Gutes für die gesamte Branche erahnen.»