Die UBS hat die CS gekauft. Wird die Übernahme zu Verschiebungen im Immobilienmarkt führen – weil beispielsweise überzählige Filialgebäude abgestossen werden?

Am gesamten Schweizer Geschäftsflächenmarkt nutzt die CS lediglich einen sehr kleinen Anteil an Büroflächen. Die Büronutzung der CS findet zudem vorwiegend an zentralen Lagen statt, wo die Nachfrage seit der Corona-Pandemie zugenommen hat.

Ohnehin ist ja noch offen, ob die neue UBS viele dieser Flächen aufgeben wird. Sollte es dazu kommen, würde dies wohl keinen grossen Einfluss auf Leerstände oder Preise haben. Anders formuliert: Es ist davon auszugehen, dass der Markt die Büroflächen der CS absorbieren würde.

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 Wohnungen sind zum Politikum geworden. Droht der Schweiz wirklich eine Wohnungsnot, oder sind die Warnungen überzogen?

Aktuell deuten verschiedene Indikatoren darauf hin, dass es mittelfristig zu einer starken Verknappung des Wohnungsangebotes kommen wird, und dies aus mehreren Gründen. Die Zuwanderung steigt stark, zusätzlich sind viele Flüchtlinge aus der Ukraine in die Schweiz gekommen. Zudem erhöht sich der Anteil der Einpersonenhaushalte und somit der Flächenbedarf pro Person.

Im Gegenzug dazu ist die Neubautätigkeit seit 2017 rückläufig. Gemäss dem Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) werden jährlich rund 10’000 Wohnungen zu wenig erstellt, um die Zusatznachfrage zu absorbieren.

Es ist zu erwarten, dass sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt, vor allem im urbanen Gebiet, mittelfristig weiter verschärfen wird und eine Wohnungsnot sehr wahrscheinlich ist, sollten die Bauaktivitäten nicht wesentlich anziehen.

Die Preise für Renditeimmobilien sind am Sinken. Wie tief werden sie fallen? 

Wahrscheinlich wird es zu einer spürbaren Korrektur der Preise kommen – das Risiko dafür steigt mit jedem weiteren Zinsschritt der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Denn in den letzten beiden Dekaden wurden die Preise von Renditeliegenschaften vor allem durch institutionelle Investoren angetrieben. Und diese treten nun am Markt wesentlich zurückhaltender auf, da deren Renditeerwartungen aufgrund mangelnder Eigenkapitalbeschaffung und steigender Fremdfinanzierungskosten gestiegen sind.

Die Transaktionspreise dürften durch die geringere Nachfrage unter Druck geraten. 

 

Sebastian Zollinger PWC Immobilien

Sebastian Zollinger ist seit Mitte 2021 Head Real Estate Advisory bei der Beratungsgesellschaft PwC Schweiz. Zuvor war der Immobilienexperte unter anderem Leiter Immobilienbewertung bei der Beratungsgesellschaft EY sowie Immobilienbewerter bei der Bank UBS.

Quelle: ZVG

Sie haben es angesprochen – die Zinsen für Hypothekarkredite steigen. Rechnen Sie deshalb mit mehr Zwangsversteigerungen, weil gerade ältere Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bezahlen können?

Ältere Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer haben ihre Hypotheken vielfach zu einem grossen Teil amortisiert. Jüngere Hausbesitzer hingegen, welche sich mit einer Saron-Hypothek maximal fremdfinanziert haben, trifft der Zinsanstieg bestimmt härter. 

Doch bekanntlich hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) nach der letzten Finanzkrise 2008 strenge Auflagen für die Vergabe von Hypothekarkrediten erlassen. Die Banken berechnen die Tragbarkeit mittels eines nachhaltig hoch angesetzten Zinssatzes von 4,5 bis 5 Prozent – von diesem Niveau sind wir aktuell noch weit entfernt. Überdies basieren Finanzierungen auf sehr konservativen Immobilienwerten, wodurch Hauseigentümerinnen über einen Eigenkapitalpuffer verfügen.

Mit anderen Worten: Zwangsversteigerungen sind nur sehr vereinzelt zu erwarten. Zudem ist die Nachfrage nach Wohneigentum trotz gestiegener Finanzierungskosten nach wie vor grösser als das Angebot.

Zwar schmerzt die Erhöhung der Fremdfinanzierungskosten die Hausbesitzenden. Sie sollten sich die zusätzlichen Kosten mittelfristig aber leisten können.

Wie attraktiv bleiben Immobilien als Anlageklasse, und wie werden sich die Unterkategorien entwickeln: direkte Immobilienanlagen, Immobilienaktien, Immobilienfonds?

Trotz des aktuell ungewohnt hohen Zinsniveaus sind Immobilien als Anlageklasse nach wie vor attraktiv. Direkte Immobilienanlagen bieten bei langfristigen Investitionen über die Erhöhung der Markt- und Bestandesmieten einen gewissen Inflationsschutz.

Und speziell Geschäftsliegenschaften an zentralen Lagen haben aufgrund der gestiegenen Zahlungsbereitschaft auf dem Mietermarkt und wegen der (Teil-)Indexierung der Vertragsmieten an den Landesindex der Konsumentenpreise sogar an Attraktivität gewonnen.

Indirekte Immobilienanlagen – börsengehandelte Immobilienaktien und Immobilienfonds – haben 2022 stark an Wert verloren. Ihre Kurse erscheinen zum aktuellen Zeitpunkt durchaus attraktiv. Mit ihnen sollte man über die nächsten sechs bis zwölf Monate attraktive absolute Renditen erzielen können.

Die «Handelszeitung» gibt der Immobilienbranche das Wort: Jeden Freitag liefert eine Expertin oder ein Experte Einschätzungen zu den wichtigsten Entwicklungen im Markt. Lesen Sie hier einige der Gespräche aus den vergangenen Wochen:

Immobilien sind ein Pfeiler der Schweizer Volkswirtschaft – die «Handelszeitung» macht sie zu einem Schwerpunkt in der Berichterstattung.

Viele Menschen träumen davon, eine Ferienwohnung in den Bergen zu erwerben. Ist der Kauf einer Ferienwohnung auch als Investment interessant?

Die Preise für Zweitwohnungen in tourismusstarken Regionen der Schweiz sind infolge der Corona-Pandemie stark gestiegen. Aktuell ist trotz der Zinsentwicklung kein Preisrückgang zu erwarten. Im Gegenteil, es ist sogar von weiter steigenden Preisen auszugehen. Denn infolge der Zweitwohnungsinitiative 2016 bestehen beschränkte Möglichkeiten, das Angebot an Ferienwohnungen in den Bergen zu erweitern.

Auch der Mietermarkt dürfte anziehen. So kann es für die Besitzerinnen und Besitzer durchaus lukrativ sein, die Ferienwohnung zu vermieten.

Nur aus Renditeüberlegungen eine Wohnung zu kaufen, halte ich allerdings für falsch. Zum einen sind die Fremdfinanzierungkosten angestiegen. Zum anderen würde die Vermietung von Ferienwohnungen nach einem Konjunkturabschwung deutlich schwieriger werden. In einer sich abkühlenden Wirtschaft wird am ehesten bei den Luxusausgaben gespart, und in diese Kategorie fallen Ferienreisen.

Wenn eine Ferienwohnung nun längerfristig leer steht, fallen sehr schnell hohe Kosten an, die dann nicht gedeckt werden können.

Sebastian Zollinger beantwortete die Fragen schriftlich.