Die Eskalation im griechischen Schuldenstreit zieht ihre Kreise bis in die Schweiz: Anleger flüchten aus der Gemeinschaftswährung Euro und suchen Zuflucht im Franken. Die grosse Aufwertung aber blieb aus - offenbar auch dank der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

SNB-Präsident Thomas Jordan sagte am Swiss International Finance Forum (SIFF) in Bern, die SNB sei «zur Marktstabilisierung am Markt aufgetreten». Die SNB habe seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses am 15. Januar immer gesagt, dass sie bei Bedarf am Devisenmarkt intervenieren werde, sagte Jordan am Montag weiter. Die am Wochenende eingetretene Situation in Griechenland «rechtfertigt diesen Bedarf».

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Verhandlungen waren gescheitert

Am Samstag waren die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Eurogruppe gescheitert, nachdem die griechische Regierung ein Referendum über geforderte Reformen am kommenden Sonntag (5. Juli) angekündigt und gleichzeitig deren Ablehnung empfohlen hatte.

Um einen Zusammenbruch des griechischen Bankensektors zu verhindern, verhängte die Regierung in der Nacht auf Montag Kapitalverkehrskontrollen und kündigte die Schliessung der Banken bis am 6. Juli an.

Franken schwächt sich wieder ab

Nach diesen Ereignissen hatte der Euro in der Nacht zum Montag gegenüber dem Franken stark nachgegeben. Zunächst verlor die europäische Gemeinschaftswährung ein Prozent an Wert und notierte bei noch 1,0326 Franken. Am frühen Morgen begann sich der Franken jedoch wieder abzuschwächen und der Euro kletterte gegen Mittag wieder auf das Niveau vom Freitagabend.

Die Zitterpartie im griechischen Schuldendrama dürfte damit aber noch nicht vorüber sein. Solange die Europäische Zentralbank (EZB) keine weiteren Notfallkredite gewährte, dürften die griechischen Banken bei Auszahlungen und Transaktionen eingeschränkt sein, erklärte Jordan. Die Situation sei sehr schwierig, «nahe an einem Bankrun». Jordan hält es aber weiterhin für möglich, dass es eine Lösung in den Verhandlungen mit den Gläubigern geben könnte.

«Wir sind in einer schwierigen Lage»

Besorgt über die Entwicklung in der griechischen Schuldenkrise zeigte sich am Montag auch Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. «Das Problem ist überblickbar, aber wird uns stark beschäftigen», sagte sie am SIFF. «Wir sind in einer schwierigen Lage - das ist klar.»

Das laufende Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber für Griechenland endet am 30. Juni. Damit fehlen dem hoch verschuldeten Staat Milliarden, die zur Tilgung von Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstag benötigt werden. Denkbar sind damit auf mittlere Sicht der Staatsbankrott und das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone («Grexit»).

Verhandlungspartner hoffen weiter

Noch ist Griechenland aber weder bankrott noch aus der Eurozone ausgeschieden. Für Griechenland steht nach Einschätzung eines führenden Mitglieds der Regierungspartei Syriza ein Ausscheiden aus der Eurozone (Grexit) nicht zur Debatte.

Und EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hält eine Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland noch immer für möglich. «Wir müssen einen Kompromiss finden», sagte Moscovic. Man sei nur wenige Zentimeter von einer Vereinbarung entfernt. Moscovici forderte den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras auf, beim geplanten Referendum am Sonntag für ein Ja zum geplanten Hilfsprogramm im Gegenzug für Milliardenhilfen zu werben.

Unterstützung aus China und USA

Auch China und die USA sagten Unterstützung für die Lösung der Krise zu. Europa könne mit Unterstützung bei den «Herausforderungen der internationalen Finanzkrise und dem Schuldenproblem in Griechenland» rechnen, sagte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang in einem am Montag veröffentlichten Interview mit acht europäischen Zeitungen.

US-Präsident Barack Obama und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel waren sich in einem Telefonat einig, alles zu unternehmen, um einen Weg zu finden, der es Griechenland erlaube, innerhalb der Eurozone Reformen umzusetzen und Wachstum zu erzielen.

Unbeeindruckt von der Krise zeigen sich währenddessen Schweizer Touristen: Griechenland bleibt als Ferienziel beliebt. Reisende haben ihre Ferien nach den Anschlägen in Tunesien sogar nach Griechenland umgebucht.

(sda/ccr)