Von Wirtschaftsnobelpreisträger Simon Kuznets stammt der Spruch, dass es «vier Arten von Ländern auf der Welt gebe: entwickelte, unterentwickelte, argentinische und japanische». Man kann von dieser Aussage halten, was man will, aber diese beiden Volkswirtschaften geben tatsächlich Rätsel auf. Trotz den Bemühungen der Entscheidungsträger steckt Argentinien nach wie vor in einer chronischen Hyperinflation fest, während Japan mit einer hartnäckigen Tiefst-Inflation kämpft, die das Land zu einem Ausreisser inmitten rekordverdächtig hoher Inflationsraten macht.  

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Beides sind extreme Beispiele, aber sie erinnern daran, dass die Inflationsraten auch heute noch sehr unterschiedlich sind. Für Anleger, die eine länderspezifische Gewichtung der Vermögenswerte in Betracht ziehen, lohnt es sich, diese makroökonomischen Besonderheiten zu berücksichtigen.  

Grosse Renditeunterschiede an den Aktienmärkten  

Die Rückkehr der Inflation ist weltweit fast so weit verbreitet wie das Coronavirus, aber nicht alle Länder stürzen sich in einen Straffungszyklus. Zusätzlich zu den unterschiedlichen politischen Reaktionen waren die Renditeunterschiede zwischen den regionalen Aktienmärkten im vergangenen Jahr gross.  

Über die Autorin

Dina Ting ist Senior Vice President und Leiterin des Global Index Portfolio Management Teams bei Franklin Templeton. Sie ist verantwortlich für die Verwaltung aller indexbasierten Strategien weltweit, einschliesslich der LibertyShares ETF, sowohl für Smart Beta als auch für passive Strategien. Bevor sie 2015 zu Franklin Templeton kam, war sie fast zehn Jahre bei Blackrock tätig, wo sie das Institutional Emerging Markets Team leitete.

Dina Ting wurde von Money Management Executive zu einer der Top Women in Asset Management 2019 ernannt und von der «San Francisco Business Times» als eine der Most Influential Women in Bay Area Business für 2018 ausgezeichnet. Sie hat einen M.S. in Management Science and Engineering von der Stanford University und einen B.S. in Industrial Engineering von der Purdue University. Sie ist Chartered Financial Analyst (CFA) Charterholder.        

Obwohl China, Japan, Südkorea und Taiwan wichtige asiatische Produktionszentren sind, die in letzter Zeit mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen hatten, erzielten sie im vergangenen Jahr sehr unterschiedliche Renditen. Chinesische Aktien fielen im Jahresverlauf um mehr als 21 Prozent. Taiwanesische Aktien hingegen stiegen um mehr als 27 Prozent.    

Japan blieb weitgehend unverändert und die südkoreanischen Märkte, die 2020 ein hervorragendes Jahr hatten, beendeten das Jahr 2021 mit einem leichten Rückgang. Im Jahr zuvor hatte der FTSE South Korea RIC Capped Net Tax Index nicht nur die Region Asien, sondern auch die meisten Industrie- und Schwellenländermärkte weltweit übertroffen, als er Ende 2020 eine Rendite von über 40 Prozent erzielte.  

Die Differenz zwischen den Renditen der Benchmark-Indizes, die von unseren passiven ETF mit der besten und der schlechtesten Wertentwicklung für 2021 nachgebildet wurden, betrug mehr als 50 Prozent (in Dollar). Dank den Gewinnen im Finanzsektor lieferte der saudi-arabische Markt mit einer Jahresrendite von mehr als 36 Prozent die beste Performance.  

Unterschiedliche Reaktionen der Zentralbanken  

Nur in wenigen Ländern hat sich die Inflation als so schwerwiegend erwiesen wie in Brasilien. Hier sind die Probleme durch die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten noch verschärft worden. Die brasilianische Zentralbank hat verständlicherweise einen aggressiven Straffungszyklus angekündigt, um die zweistellige Inflationsrate von mehr als 10 Prozent einzudämmen.  

Auch die Bank of England sticht durch frühes Handeln hervor. Sie war Mitte Dezember sogar die erste grosse Zentralbank der Welt, die seit Ausbruch der Pandemie die Zinssätze anhob.  

China muss das Problem der Immobilienblase lösen  

Die US-Notenbank (Fed) versucht ebenfalls, die Inflation in Schach zu halten, indem sie die Anleihekäufe reduziert und zum ersten Mail seit 2018 die Zinsen erhöhen will. Am anderen Ende des Spektrums versuchen die politischen Entscheidungsträger in China das Problem der Immobilienblase zu lösen, während Japans besonders akkommodierende Zentralbank eine Straffung der Geldpolitik scheut.  

Es wird erwartet, dass sich die Märkte in diesem Jahr weiter auf breiter Front erholen werden, wenn auch regional ungleichmässig und zu verschiedenen Zeiten. Voraussetzung ist auch, dass sich der Ukraine-Krieg nicht ausweitet. Dies macht unserer Ansicht nach die Möglichkeit eines gezielten Engagements in Form von Einzelländerstrategien noch interessanter.  

Aufgehende Inflationssonne über Japan?  

Die Inflation in Japan ist nach wie vor moderat. Die Bank of Japan (BoJ) wird – so die aktuelle Marktmeinung – auch im zehnten Jahr in Folge eine ultralockere Geldpolitik verfolgen. Für das laufende Fiskaljahr, welches im März 2022 endet, schätzt die Bank, dass die Preise stagnieren werden. Damit wird Japan sein Inflationsziel von 2 Prozent auf kurze Sicht einmal mehr verfehlen.  

Die im Frühjahr an alle Einwohner verschickten Konjunkturchecks konnten die Inflation nicht ankurbeln. Nach wie vor geniesst Premierminister Fumio Kishida hohe Zustimmungswerte und hat weitreichende Massnahmen zugesagt, um die Ziele zur Klimaneutralität, zur Verringerung der Einkommensunterschiede und zur Digitalisierung der Wirtschaft umzusetzen.  

Gesamthaft günstige Perspektiven für Japan  

Insbesondere die Bemühungen um eine stärkere Digitalisierung sind für den japanischen Informationstechnologiesektor, der eine der grössten Gewichtungen im FTSE Japan Capped Index aufweist, von Vorteil. Insgesamt scheint das Jahr 2022 für japanische Aktien vielversprechend zu sein, vor allem, da seit der Wahl von Kishida wieder politische Stabilität herrscht. Diese wird gestützt von Steueranreizen für Unternehmen, einer Anpassung des stagnierenden Lohnniveaus (die Durchschnittslöhne sind in mehr als drei Jahrzehnten nur um 4 Prozent gestiegen) und der Ankündigung eines Konjunkturpakets in Rekordhöhe von 490 Milliarden Dollar.  

In einem Umfeld, in dem die Fed die Zinsen anhebt, dürfte die Abwertung des Yen gegenüber dem Dollar auch die Attraktivität unterbewerteter japanischer Aktien und ETF erhöhen, da die Waren des Exportschwergewichts wettbewerbsfähiger werden und die Gewinne steigen.    

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