Die Zinspolitik der SNB hat weitreichende Folgen. Sie ist eng verwoben mit der Zinspolitik der Banken und mit der Stabilität des ganzen Bankensystems. Hypothekarforderungen sind der grösste Aktivposten in den Bankbilanzen. Sie machen rund 30 Prozent der gesamten Aktiven aus – bei inlandorientierten, vorwiegend auf dem Kreditmarkt tätigen Banken sind es sogar 70 Prozent.

Es ist eine Schweizer Besonderheit, dass Immobilien massiv fremdfinanziert sind. Als Folge davon sind die Hypokredite der mit Abstand grösste Schuldenposten im privaten Haushalt. 95 Prozent der Verschuldung sind auf entsprechende Verpflichtungen zurückzuführen. 

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Konkret heisst das: Steigen die Zinsen, steigt auf absehbare Zeit die Verschuldung. Und wenn die Lohnentwicklung nicht mithalten kann, sinkt das verfügbare Einkommen eines Haushalts. Das sagt zumindest das Lehrbuch. 

Banken fürchten um Marge

Viele Immobilienbesitzer haben sich gegen ein allzu rasches Ansteigen der Zinsen abgesichert, indem sie in den letzten Monaten vermehrt auf längere Laufzeiten gesetzt haben. Das zeigen die Daten der Schweizerischen Nationalbank. Damit haben viele Immobilienbesitzer das Risiko eines raschen Zinsanstiegs auf die Banken abgewälzt, die jetzt um ihre Marge beim wichtigsten Aktivposten fürchten müssen.

 

Personen, die eine neue Hypothek abschliessen wollen, müssen jetzt definitiv damit rechnen, dass sowohl flexible als auch feste Hypotheken teurer werden. Die günstigste Variante war bislang die Geldmarkthypothek, eine sogenannte Saron-Hypothek. 

Der Saron ist ein Referenzzinssatz, der von den kurzfristigen Zinsen für sogenannte Repo-Geschäfte abgeleitet wird. Auf diesen Basiszinssatz schlagen die Banken eine Marge, deren Höhe von der Bonität des Kunden abhängt. In der Regel liegt sie zwischen 0,6 und 1,3 Prozent.

Saron: Die günstigste und gefährlichste Hypothek

Der Zinssatz der Saron-Hypothek wird in der Regel jedes Quartal an die Entwicklung des Saron angepasst. Der Zinssatz, den Kundinnen und Kunden zahlen müssen, kann sich also alle drei Monate ändern. Das heisst, dass die Banken die gestiegenen Leitzinsen mehr oder weniger direkt an die Kundschaft weitergeben können, ohne Marge zu verlieren.

Das heisst auch: Wenn die SNB weiter an der Zinsschraube dreht, resultiert das sofort in höheren Finanzkosten einer Liegenschaft. 

Die Alternative zur Geldmarkthypothek ist eine Festhypothek. Sie wird mit einem fix definierten Zinssatz und für eine gewisse Laufzeit abgeschlossen, normalerweise für 2 bis 15 Jahre. Der Zinssatz bleibt während der gesamten Laufzeit unverändert, unabhängig von der Entwicklung der Hypothekarzinsen am Markt. 

Festhypotheken ziehen an

Besonders beliebt sind fünf- und zehnjährige Festhypotheken. Bei Zehnjährigen werden mittlerweile aber bereits bis zu 3,34 Prozent gefordert, wie Angaben des Hypothekenvergleichportals Hypotheke.ch zeigen. Vor wenigen Wochen waren es noch deutlich weniger. Die günstigste Zehnjährige offeriert die Pensionskasse der Stadt Luzern mit einem Zins von 2,35 Prozent. Der Durchschnitt liegt bei 2,8 Prozent (siehe Tabelle). 

Das sind auch schlechte Nachrichten für Mieterinnen und Mieter. Mittelfristig werden auch ihre Mietzinse steigen, denn diese sind an den Referenzzinssatz gekoppelt, der sich aus dem durchschnittlichen Hypothekarzins ergibt. Der Referenzzins wird vierteljährlich durch das Bundesamt für Wohnungswesen ermittelt.

Mieter als Gelackmeierte

Der mietrechtliche Referenzzinssatz lag vor dem Negativzinsregime bei 2,0 Prozent, aktuell liegt er bei 1,25 Prozent. Ein Anheben des Zinssatzes ist also nur eine Frage der Zeit. 

Kommt dazu: Vermieter wollen die anziehenden Nebenkosten gerne an ihre Mieter weitergeben, um ihre eigene Rendite stabil zu halten. Sie werden also die höheren Finanz- und Betriebskosten (etwa durch gestiegene Heiz- und Stromkosten für den allgemeinen Teil einer Liegenschaft) auf die Mieter abzuwälzen versuchen. 

Die Mieter sind in dieser Situation auf lange Sicht häufig in der schlechteren Position: Sie beissen in den sauren Apfel, weil ein Umzug nicht infrage kommt. Das heisst letztlich, zugegebenermassen etwas zugespitzt: Der Zinsanstieg wird von den Banken an die Immobilienbesitzer und schliesslich an die Mieter weitergereicht. Letztere müssen wegen der Inflation auch für andere Güter und Dienstleistungen mehr berappen, ihre Löhne aber dürften unterm Strich kaum angehoben werden.  

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