Alkoholfreies Bier boomt. Zuletzt machte es hierzulande 7 Prozent des verkauften Biers aus, und der Trend zeigt weiter nach oben. Dahinter stecken klare Bedürfnisse. Nicht nur ruft die gesellschaftliche Norm nach einem klaren Kopf, auch setzen viele auf alkoholfreies Bier, weil es als gesünder gilt. Nicht zuletzt mit Blick auf die Kalorien.
Dabei fallen erstaunliche Unterschiede auf. Manche alkoholfreien Biere kommen auf bis zu 35 Kalorien pro Deziliter, was nur knapp unter den 40 bis 45 Kalorien eines Lagerbiers mit Alkohol ist. Das alkoholfreie «Freibier» von Chopfab dagegen ist mit nur 12 Kalorien deutlich schlanker. Nicht «zero», aber zumindest «light». Wie ist das möglich?
Die Unterschiede lassen sich erklären, wenn man anschaut, wie alkoholfreies Bier gebraut wird – etwas, das die Brauereien gerne geheim halten, weil da grosse Unterschiede bestehen. Den Ursprung haben die Kalorien ja im Malz, dem Getreide. Die darin enthaltene Stärke wird beim Brauen in Zucker umgewandelt, unvergorenes Lagerbier ist etwa so süss wie eine Limonade. Die Hefe macht aus diesem Zucker dann Alkohol, und darin stecken fortan die Kalorien.
Eine Methode, alkoholfreies Bier herzustellen, ist, den Alkohol schlicht zu entfernen. Brauereien wie Feldschlösschen sind – stark vereinfacht gesagt – grosse Schnapsbrennereien. Sie destillieren den Alkohol aus einem normal gebrauten Bier. Ergebnis: Die Biere sind sehr schlank, aber geschmacklich nahe an klassischem Bier. Und sie haben wenig Kalorien, denn die stecken ja grösstenteils im abgetrennten Alkohol.
Da wird mal etwas mehr Hopfen verwendet, um malzige Süsse auszugleichen. Oder es kommen Aromen aus der Hilfsstoff-Zauberkiste zum Einsatz, Gewürze oder Fruchtsäfte.
Die zweite Variante ist, Alkohol gar nicht entstehen zu lassen. Dabei stoppt die Brauerei entweder die Gärung frühzeitig oder sie setzt auf Spielformen, die keinen Alkohol produzieren. Weil nichts entfernt wird, schmecken die Biere nach mehr. Es verbleiben Aromen von Malz und Getreide, wie sie bei klassischem Bier nicht vorkommen. Und: Weil der Zucker noch drin ist, sind solche «gestoppten Gärer» meist nicht nur süsser, sondern haben auch mehr Kalorien. Das «Valaisanne» mit seinen 34 Kalorien könnte in diese Kategorie gehören.
Kleinbrauereien setzen meist auf die zweite Methode, weil weniger Infrastruktur notwendig ist. Alkoholfreie Biere, die geschmacklich nahe an ihren alkoholischen Pendants sind, kommen daher tendenziell von den grossen Marken, die in den letzten Jahren stark aufgerüstet haben. Manchmal werden die zwei Methoden auch kombiniert.
Nicht zuletzt müssen die Brauereien beim Alkoholfreien stärker tricksen, um vom fehlenden Alkohol abzulenken. Da wird mal etwas mehr Hopfen verwendet, um malzige Süsse auszugleichen. Oder es kommen Aromen aus der Hilfsstoff-Zauberkiste zum Einsatz, Gewürze oder Fruchtsäfte. Das deutsche Reinheitsgebot gilt längst nicht bei jedem alkoholfreien Bier. Schlimm ist das nicht wirklich.
Typisch: Chopfab «Freibier»
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Erst 2024 lanciert, ist das «Freibier» eines der jüngeren alkoholfreien Biere, und das merkt man auch. Es ist schlank und schmeckt klassisch nach Bier – und nach nichts anderem. Ein Hauch von Säure kompensiert ein wenig den fehlenden Alkohol. Dieses Bier taugt gut als Durstlöscher und sollte eher kalt getrunken werden.
Freibier, Chopfab Boxer, Winterthur. Alkoholfreies Lagerbier, 0,5 Liter für ca. 2 Fr.
In dieser Kolumne schreiben die Handelszeitung-Redaktoren Michael Heim und Tina Fischer alternierend über Bier und Wein. Heim ist an einer Vereinsbrauerei beteiligt.