Sind Sie dafür, dass das Tempo der Autos elektronisch auf 120 Stundenkilometer gedrosselt wird? Falls ja, dann können Sie auch beklagen, dass die Schweizerische Nationalbank Noten im Nennwert von 1000 Franken ausgibt.

Falls nein, wird es schon schwieriger.

Denn die Tausendernote ist der Sportwagen der alltäglichen Finanzen – ziemlich übertrieben, gut zum Protzen, aber man kann damit auch die Grenzen der Legalität ritzen: Der grosse Schein ist ein prima Vehikel für Geldwäscherei, und es gibt viele Indizien dafür, dass er kräftig zur Steuerhinterziehung eingesetzt wird.

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E-Geld heisst E-Überwachung

Viele möchten ihn also abschaffen. Denn zugleich wird das Bargeld schleichend, aber stetig ersetzt durch elektronische Methoden. Ein Staat, in dem sich das wunderbar beobachten lässt, ist die Volksrepublik China. Dort können Sie heute schon Ihre Lychees auf dem Bauernmarkt per Handy bezahlen, selbst tief auf dem Land, und die KP-Führung in Peking findet das prima. So wie sie es angebracht findet, dass Ihr Zugsbillet die Nummer Ihres Passes trägt. Oder wie sie verlangt, dass jeder Gastgeber Ihr Reisedokument direkt ins nächste Polizeiquartier scannen muss. 

E-Geld heisst nämlich E-Kontrolle. Umgekehrt sind Geldnoten auch ein Weg, sich dem Staat zu entziehen. Nur in einer Bargeld-Kultur kann ein Mensch auch untertauchen. Nur wo Bargeld gängig ist, liesse sich notfalls eine wirksame Oppositionsbewegung aufbauen.

«Ich wollte niemals Steuern hinterziehen»

Natürlich wirken solche Überlegungen in der Schweiz von 2019 leicht paranoid. Aber wer manchmal ein Geschichtsbuch liest, der weiss, wie schnell Sicherheiten zusammenbrechen und Systeme wechseln können. Und es ist doch erstaunlich, wie viele Menschen das Bargeld mittlerweile als irgendwie unanständig empfinden; ausgerechnet jetzt, wo die Demokratien mehrfach bedroht sind.

Als ich vor Jahren übers Bankgeheimnis schrieb, sprach ich mit einem alten Mann in Massachusetts, der wegen eines versteckten Credit-Suisse-Kontos vor einem US-Gericht landete und verurteilt wurde. Es war ein deutscher «Halbjude» (wie man unter Hitler Menschen wie ihn nannte); die Nazis hatten seiner Familie alles geraubt; ihm selber gelang schliesslich die Flucht nach Amerika. «Ich wollte niemals Steuern hinterziehen», sagte er. «Aber ich wollte etwas haben, von dem keine Regierung der Welt weiss – keine.»

Vehikel des mittelmässigen Gauners und des Mittelstandes

Und was steht auf der Gegenseite? Es stimmt zwar, dass hohe Notenwerte Schwarzgeld-Geschäfte erleichtern. Aber keiner glaubt ernsthaft, dass grosse Verbrechersyndikate entscheidend aufs Papiergeld angewiesen sind. Dass sie nicht flink Alternativen konstruieren könnten. Oder dass grosse Steuerhinterzieher keine Ersatzwege ins Ausland auftun würden. Eine Studie aus den USA ergab kürzlich, dass der wuchtige, jahrelange Kampf der Washingtoner Regierung gegen die Steuerhinterziehung viel weniger eingebracht hat als erhofft. Eine Erklärung dafür: Die ganz entschlossenen Täter zogen weiter um den Globus und bauten noch raffiniertere Steuerkonstruktionen. 

Die grosse Note ist am Ende eher ein Vehikel des mittelmässigen Gauners (darin ganz ähnlich dem Sportwagen), und vor allem ist sie ein Sicherheitspolster im Nachtkissen des Mittelstandes. Auch dies deuten neuere Daten aus Amerika an: Der Umlauf der 100-Dollar-Note, also des schwersten Geldpapiers der USA, hat sich nach der Finanzkrise verdoppelt, insbesondere im Ausland, und dies in erhöhtem Tempo während Kriegsphasen.

Bargeld ist Vertrauen. Das war schon immer so. Es ist Vertrauen in die staatlichen Institutionen, welche das Bargeld ausgeben.

Bargeld schafft auch Vertrauen. Es zeigt, ob der Staat den Mut hat, blinde Ecken zuzulassen.
 

Bargeld ist effizienter als Kartenzahlungen

«An der Ladenkasse ist die Barzahlung noch immer das schnellste und kostengünstigste Zahlungsmittel»: Dies verkündete die Deutsche Bundesbank Mitte Februar. Mit einem Marktforschungsinstitut liess die Notenbank ermitteln, wie lange der Zahlungsvorgang mit den verschiedenen Methoden dauert.

Resultat:

  • Bezahlt man mit Karte und PIN, so ist das Geschäft im Schnitt nach 29 Sekunden über der Bühne.
  • Bei der Kreditkartenzahlung mit Unterschrift dauert der Vorgang 38 Sekunden.
  • Aber beim Bargeld hat man das Rückgeld und Quittung schon nach 22 Sekunden in der Hand.

Dies gilt zumindest bei kleineren Beträgen bis 100 Euro. Danach überholen die Karten-Methoden das Bargeld.

Und das ist noch nicht alles: Für den Detailhandel ist das Bargeld immer noch kostengünstiger.

  • Laut den «BuBa»-Daten kostet eine Barzahlung im Schnitt 24 Cent;
  • mit der Girocard beziehungsweise beim Lastschriftverfahren entstehen Kosten von 33 und 34 Cent.
  • Viel teurer sind Zahlungen mit Kreditkarte und PIN (97 Cent pro Transaktion) beziehungsweise Kreditkarte und Unterschrift (1,04 Euro).

Enthalten sind darin jeweils unterschiedliche Kosten, etwa die Arbeitszeit von Kassenpersonal, Transportkosten für Bargeld oder Versicherungsprämien gegen Zahlungsausfall.

Allerdings sind die Ergebnisse nicht eins zu eins auf die Schweiz übertragen – vor allem, weil etwas weitgehend fehlt: das kontaktlose Bezahlverfahren. Die erwähnte Studie erfasste zu wenige solche Zahlungen, als dass man viel daraus lesen könnte.

Aber die Bundesbank meldet: «Würden alle bisher mit PIN durchgeführten Kartenzahlungen kontaktlos erfolgen und müssten Zahlungen für Beträge unter 25 Euro nicht autorisiert werden, würden Barzahlungen weiterhin die geringsten Kosten pro Transaktion aufweisen.»

Für die Studie wurden im Sommer und Herbst 2017 gut 3'000 Bezahlvorgänge in 15 Geschäften ausgewertet.

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