Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses und der darauffolgenden Franken-Aufwertung sind keine Rücktrittsforderungen an die Spitze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) herangetragen worden. «Es gab nie Forderungen, die an uns Drei oder an mich persönlich gerichtet waren, was einen Rücktritt betrifft», sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag.

Politiker und Wirtschaftsvertreter hatten die SNB zum Teil scharf für ihren Schritt kritisiert. «Es fehlen einem die Worte!», sagte beispielsweise Nick Hayek, Chef des Uhren-Weltmarktführers Swatch nach der Bekanntgabe der Entscheidung. «Was die SNB da veranstaltet, ist ein Tsunami.»

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Die Notenbank hob Mitte Januar die mehr als drei Jahre geltende Euro-Kursuntergrenze von 1,20 Franken auf. Der radikale Kurswechsel löste an den Finanzmärkten heftige Turbulenzen aus und führte zu einem sprunghaften Anstieg des Frankens. Auch wenn sich die Lage inzwischen etwas entspannt hat - aktuell werden für einen Euro 1,06 Franken bezahlt - rechnen Ökonomen mit Wachstumseinbussen und höherer Arbeitslosigkeit.

Nicht mehr nachhaltig

Der Euro-Mindestkurs sei nicht mehr nachhaltig gewesen, sagte Jordan an der Medienkonferenz zur geldpolitischen Lagebeurteilung. Zusätzliche Interventionen wären zwecklos und die daraus entstehenden enormen Verluste nicht zu rechtfertigen gewesen. «Ein Hinauszögern des Aufhebens des Mindestkurses wäre nur auf Kosten einer unkontrollierbaren Ausdehnung der Bilanz um mehrere 100 Milliarden – potenziell um eine Mehrfaches des schweizerischen Bruttoinlandprodukts – möglich gewesen», sagte Jordan.

Der SNB-Chef begründete denn auch die Aufhebung des Mindestkurses vor den Medien erneut mit der unterschiedlichen Geldpolitik der Nationalbanken. «Die Ausrichtung der Geldpolitik in den grossen Währungsräumen driftet immer weiter auseinander», so Jordan. Er verwies dabei vor allem auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der USA. Während sich in den USA die gelpolitische Lage normalisiere, hätten die europäischen Währungshüter mit einer weiteren starken Lockerung der Geldpolitik begonnen.

Handlungsfähigkeit in Gefahr

Seit den ersten Anzeichen einer quantitativen Lockerung durch die EZB im letzten Frühjahr habe sich der Euro gegenüber dem US-Dollar stark abgewertet, sagte Jordan. Alleine seit der Legebeurteilung der SNB vom Dezember habe der Euro rund 15 Prozent gegenüber dem Dollar verloren, seit Mai sogar 25 Prozent. «Unter diesen Gegebenheiten wird offensichtlich, dass ein Mindestkurs von 1,20 Franken gegenüber dem Euro nicht mehr nachhaltig war.»

Bereits in den Wochen vor dem 15. Januar, also dem Tage des Mindestkurs-Endes, seien hohe und rasch ansteigende Interventionen auf dem Devisenmarkt nötig gewesen, um die Untergrenze aufrechtzuhalten, so Jordan. Die weitere Abschwächung des Euros gegenüber dem Dollar nach dem Mindestkurs-Ende zeige eindrücklich, wie enorm der zusätzliche Druck beim Festhalten der Untergrenze geworden wäre. Ein Hinauszögern des Mindestkurs-Endes hätte Milliarden verschlungen. «Diese unkontrollierbare Bilanzausdehnung hätte die zukünftige geldpolitische Handlungsfähigkeit der SNB stark beeinträchtigt und die Erfüllung des Mandat in der langen Frist gefährdet, sagt Jordan weiter.

«Franken immer noch deutlich überbewertet»

Nach dem 15. Januar habe sich der Franken zwar schlagartig aufgewertet. Diese Aufwertung  habe sich in den vergangenen Wochen etwas verringert. «Insgesamt ist der Franken aber immer noch deutlich überbewertet», so Jordan. Die SNB erwarte, dass sich diese Überbewertung über die Zeit aber korrigiere.

«Die neue Ausgangslage stellt die Schweizer Wirtschaft vor grosse Herausforderungen, das ist uns bewusst.» Die heutige Situation sei dennoch nicht vergleichbar mit der Lage vor der Einführung des Mindestkurses, ergänzte der SNB-Chef. «Damals kämpfte die Weltwirtschaft immer noch mit den unmittelbaren Folgen der Finanzkrise und der Franken war gegenüber allen Währungen stark überbewertet. «Heute stellt sich das internationale Konjunkturumfeld dagegen erheblich günstiger dar.»

(reuters/awp/ccr)