Die Meldung vor zwei Jahren liess aufhorchen: «In-car Delivery: Weltneuheit kommt in die Schweiz», hiess es damals. Die Post, die Migros-Tochter Le Shop und Volvo kündigten einen neuen Service an, bei dem Einkäufe in den Kofferraum des Volvos des Käufers gestellt werden sollten.

Der Service, der laut dem Beratungsunternehmen Carpathia bereits 2015 in Schweden lanciert worden war, funktionierte nach einer Registrierung auf der entsprechenden Website wie folgt: Ein Postbote, der das Auto durch Geolokalisation ortete, konnte den Kofferraum mit einem digitalen Einmalschlüssel öffnen und die Bestellung abliefern. Der Kunde wurde gleichzeitig benachrichtigt, anschliessend verfiel der digitale Schlüssel.

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Marketing für Le Shop, Volvo, Post

Gemäss der Einschätzung der Beteiligten sollte das In-car-Delivery-Konzept den nahtlosen Einkauf ermöglichen. «Berufstätige Mütter oder Väter haben alles schon dabei, wenn sie abends ins Auto steigen. Ohne Tragen und Extrafahrten.» Und auch für die Post hätte der Service eine ideale Ergänzung des Kerngeschäfts darstellen können.

Die Experten von Carpathia hatten indes gleich von Anfang an Schwächen festgestellt: Das Zustellkonzept funktioniert lediglich mit Volvo-Modellen mit einer On-call-Funktion, bei der die Steuerung über eine App erfolgt. Das sind in der Schweiz rund 10 000 Fahrzeuge.

Zudem müssten die Kunden bereits am Vortag den Parkplatz des Autos auf 200 Meter eingrenzen. Das sei zwar, so die Carpathia-Experten, logistisch nachvollziehbar, aber das würde den Kunden möglicherweise einschränken, zumal man die genauen Standorte der Fahrzeuge in Echtzeit übermitteln kann. «Le Shop, Volvo und Post zeigen sich einmal mehr innovativ und lancieren mit der In-car Delivery ein für die Schweiz neues Konzept, das sich noch beweisen muss», so das Urteil der Carpathia-Experten. «Eine gute Marketingstory ist es für die Beteiligten alleweil.»

Versuch eingestellt

Mehr als das wurde es indes nicht. «Wir haben In-car Delivery aufgrund mangelnder Nachfrage eingestellt», sagt Urs Schumacher, CEO von Le Shop. «Allerdings bewerten wir die Erfahrungen, welche wir mit den Kunden gemeinsam machen durften, als sehr wertvoll. Wir schliessen daher nicht aus, dass wir in Zukunft ein ähnliches Konzept nochmals angehen werden.» Bedingung hierfür wäre, dass es auch seitens der Autoindustrie ein grösseres Angebot hinsichtlich einer möglichen In-car Delivery gibt. Oder mit anderen Worten: Es müsste bei weiteren Automodellen eine Möglichkeit geben, den Kofferraum mit digital zu verwaltenden Einmalschlüsseln zu öffnen.

«Wir waren hier lediglich Logistikpartner», sagt eine Post-Sprecherin auf Anfrage. «Grund für das Einstellen dieses Pilotprojekts ist die noch zu geringe Nachfrage.» Für die Post ist das Thema damit aber nicht grundsätzlich erledigt. Sie setzt laut eigenen Angaben im wachsenden Online-Handel auf innovative Lösungen, um für ihre Kunden den Paketempfang so flexibel und einfach wie möglich zu gestalten.

«Die Incar Delivery erweitert die Möglichkeiten für einen komfortablen Paketempfang», heisst es weiter. «In der wettbewerbsintensiven E-Commerce-Logistik ist es entscheidend, in solchen Entwicklungsfeldern vorne mit dabei zu sein. Deshalb stuft die Post die In-car Delivery weiterhin als eine mögliche flexible, künftige Zustellform ein und schliesst weitere Anwendungen nicht aus.»

Nutzen für selbstfahrende Auto-Zukunft

Laut Analysten ist indes offen, wie das Konzept in einem Umfeld von selbstfahrenden Autos, die jeweils nur kurzfristig flexibel genutzt werden, funktionieren wird. Die User schnappen sich abends das nächstbeste verfügbare Fahrzeug – und nicht das, in welches die Ware gelegt wurde. Es sind deshalb weitere Anpassungen des Konzeptes zu erwarten.

Die Post kommt um eine solche Flexibilität nicht herum, will sie längerfristig im Geschäft bleiben. Die Analysten von CB Insights, einem US-Marktforschungsunternehmen, halten die Schnittstellen zwischen Technologie, Logistik und Supply Chains für ein sehr vielversprechendes Feld für Startups. Bei der Logistik kehrt man ab von den riesengrossen Verteilzentren irgendwo auf der grünen Wiese; die Entwicklung geht in Richtung kleine Zentren, die dann als Schnittstelle zwischen den Daten- und Warenströmen fungieren und bei denen die Ware für die User auf das Transportmittel der letzten Meile umgeladen wird.

Das Unternehmen Takeoff Technologies hat sich auf solche kleine Umschlagzentren der Zukunft spezialisiert. In den kleinen, dezentralen Lagern werden die Waren automatisch auf die Transportmittel umgepackt; das Startup Commonsense Robotics beispielsweise baut solche Roboter für die Liefer- und Umschlagstationen von Medikamenten.

Letzte Meile zieht Startups an

Und auch im Bereich der letzten Meile dringen nicht nur die grossen Lieferdienste und die Uber der Welt vor. Auch junge Unternehmen wie Postmates, Fetchr, Go-Jek und Glovo entwickeln Lösungen für die Auslieferung am Boden. Dazu gehören unter anderem kleine, selbstfahrende Fahrzeuge mit den Dimensionen eines grösseren Rasenmähers.

Andere Hersteller wie Matternet, Nuro oder Starship experimentieren wiederum mit Drohnen und der Zustellung auf dem Luftweg. Bei diesen Zukunftsthemen mischt auch die Schweizer Post mit – und dafür braucht sie auch keine Kooperationspartner.