Sie kennen sicher die vier Stufen des famosen Berner Krisenmanagements: Zuerst wird das Problem ignoriert. Dann die anschwellende Kritik entrüstet abgeschmettert. Danach wird in Windeseile eine interdepartementale Taskforce zusammengestellt und verhandelt. Und schliesslich wird – Stufe vier – auf der ganzen Linie nachgegeben und die weisse Fahne gehisst. Sorry, war nix zu machen.

So war es beim Steuerdisput mit den Amerikanern, der mit Milliardenzahlungen von Schweizer Banken endete. So war es bei der Verhandlung um den Automatischen Informationsaustausch (AIA), welche das Ende des Bankgeheimnisses einläutete. Dabei hatte der Bundesrat – Stufe zwei – prognostiziert, das Ausland würde sich am Bankgeheimnis die Zähne ausbeissen.

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Länder wie die USA, Indien oder China suchen Steuersubstrat

Exakt entlang dieses Skripts läuft das Krisenmanagement im nächsten Fall ab – der Neuordnung der Gewinnbesteuerung internationaler Konzerne. Weitgehend ausserhalb des Scheinwerferlichts bahnt sich ein Ergebnis an, das die Schweiz in den Grundfesten erschüttern könnte.

Grossstaaten wie die USA, China, Frankreich, Deutschland und Indien ist es seit langem ein Dorn im Auge, dass Kleinstaaten wie die Schweiz erfolgreiche Weltkonzerne wie Nestlé, Novartis oder Roche beheimaten, die alljährlich Milliarden in Form von Steuern – Ertragssteuern, Kapitalsteuern, Grundstücksteuern, Mehrwertsteuern und so fort – an die Staatskasse abliefern. Solcherart dürften bei Bund, Kantonen und Gemeinden 20 Milliarden Franken hängen bleiben. Jedes Jahr.

Und genau auf diese Summe haben es die Grossen und Mächtigen abgesehen. Als Brecheisen dient ihnen die OECD, die sich unter dem Mexikaner José Ángel Gurría ohnehin gerne als aktivistische Regulatorin in globalen Steuerfragen sieht. Dessen Politprojekt, das Ende 2020 abgeschlossen sein soll, hat bedrohliche Züge.

Zum einen für den Fiskus. Wird nämlich das Steuersubstrat von den Sitzländern und Produktionsstätten in Richtung Absatzmärkte verschoben, wird eine Umverteilung hin zu einwohnerstarken Nationen stattfinden. Die Schweiz als Standort mit hoher Wertschöpfung könnte bei diesem radikalen Systemwechsel bis zu 5 Milliarden Franken an Steuersubstrat verlieren, so Experten. Es wäre Geld, das am Schluss in den Gemeinden und Kantonen fehlt.

Jetzt ist in Bern Widerstandskraft gegen das Ausland gefordert

Verlieren könnten die Konzerne selber. An eine geordnete Steuerausscheidung mit Rechtssicherheit wäre jedenfalls nicht mehr zu denken, stattdessen würden sich die nationalen Finanzämter ein Gezerre über den Gewinn-Split liefern. Dessen ungeachtet droht die OECD auch mit der Einführung eines verbindlichen nationalen Mindeststeuersatzes. Dieser aber würde den globalen Steuerwettbewerb aushebeln, was zu höherer Steuerbelastung führte.

Höchste Zeit also, dass Bern dem drohenden Steuerregime mit aller Kraft entgegentritt. Und sich für einmal nicht ans lieb gewonnene Drehbuch hält.

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