Einmal der eigene Chef sein. Endlich die eigenen Ideen realisieren können. Und selber über die Geschäfte entscheiden – mit der Aussicht, es zu Ansehen und Reichtum zu bringen.

Den Traum von der eigenen Firma haben viele junge Menschen. Doch er ist nicht einfach zu realisieren. Vor allem wenn für das angestrebte neue Business eine Menge Geld nötig ist, kann es schwierig werden. Denn Kapital in ein neues Startup zu stecken, ist für Investoren riskant. Entsprechend sind Kapitalgeber und Banken zurückhaltend.

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Die Corona-Krise hat tiefe Spuren in der Wirtschaftswelt hinterlassen: In vielen Branchen stockte das Geschäft, brachen die Umsätze ein und verflüchtigten sich die Gewinne. Ist es unter diesen Umständen für Firmengründer noch schwieriger geworden, Geldgeber für das eigene KMU zu finden?

Finanzierungen von Schweizer Startups sind trotz Corona auf hohem Niveau geblieben.

Die Signale sind unterschiedlich. Eine Umfrage des Swiss ICT Investor Clubs und des Vereins Business Angels Switzerland unter 65 aktiven Business Angels hat im April ergeben, dass 51 Prozent von ihnen weniger oder gar kein neues Geld mehr in neue Startups investieren wollen.

Startup Finanzierung trotz Corona

Business Angels sind vermögende Privatpersonen, die neuen Firmen mit Rat und Geld zur Seite stehen. Immerhin 33 Prozent von ihnen wollen auch weniger Geld in Startups stecken, die sie bisher schon unterstützt haben.

Umgekehrt hat der «Swiss Venture Capital Report» der Investorenvereinigung Seca und des Newsportals startupticker.ch im Juli gezeigt, dass die Finanzierungen von Schweizer Startups trotz Corona auf hohem Niveau geblieben sind.

Im ersten Halbjahr 2020 seien 760 Millionen Franken in Schweizer Startups investiert worden. Das seien zwar 36 Prozent weniger als 2019, aber etwa gleich viel wie in den Jahren 2016 bis 2018. Finanzierungsrunden habe es 105 gegeben, was sogar 20 mehr als im Vorjahreszeitraum seien.

Hier gibt es Unterstützung für Startups

National

Business Angels Switzerland: www.businessangels.ch
Einer der ältesten Business-Angel-Clubs der Schweiz

Innosuisse: www.innosuisse.ch
Agentur des Bundes für Innovationsförderung, spricht Gelder für Startups und bietet kostenloses Coaching

Swiss Startup Invest: www.startupinvest.ch
Organisiert mit den Startup Days einen der wichtigsten Anlässe für junge Unternehmen und Investoren

Venture Kick: www.venturekick.ch
Fördert Spin-offs an Schweizer Universitäten im Rahmen eines neunmonatigen Kicking-Prozesses und vermittelt Finanzierung

Venture: www.venture.ch
Grösster Businessplan-Wettbewerb der Schweiz, getragen unter anderem von ETH und EPFL

Top 100 Swiss Startup Award: www.top100startups.swiss
Jährlich werden die hundert vielversprechendsten Startups von Investoren und Experten ausgewählt

Venturelab: www.venturelab.ch
Bringt die besten Schweizer Startups mit Investoren und Partnerunternehmen zusammen

Venture Leaders: www.venture-leaders.ch
Internationale Investoren-Roadshows für Startups in der Wachstumsphase

Regional

Technopark Aargau: www.technopark-aargau.ch
Fördert Gründung und Aufbau von innovativen Unternehmen hauptsächlich im Technologie- und Forschungsbereich

Startfeld: www.startfeld.ch
Stiftung in St.Gallen, die Anschubfinanzierungen für Startups leistet und Investorenanlässe durchführt

Basel Area Business & Innovation: www.baselarea.swiss
Bietet Beratung und Networking im Bereich von Finanzierungen für Startups

ZID-Bernapark: www.zid-bernapark.ch
Unterstützt ausgewählte Unternehmerteams, die skalierbare digitale Geschäftsideen haben, mit Kapital, Know-how und einem Expertennetzwerk

►Karte mit Links zu über 170 Organisationen, welche Schweizer Technologie-Startups unterstützen: www.sictic.ch/map

Ob Corona oder nicht: Welche Voraussetzungen müssen Firmengründer mitbringen, um das nötige Kapital für die Verwirklichung ihrer Businessidee beschaffen zu können? Welche Tipps und Tricks müssen sie befolgen, um Business Angels, Venture-Capital-Geber und sonstige Investoren zu überzeugen?

Einen Dienstleister beauftragt

Mitten in den Mühen, Geld für die eigene Firma aufzutreiben, steckt Alpha Diagnostics in Reinach BL. Das Unternehmen produziert Diagnosegeräte, die aufgrund von Drehzahlschwankungen bei Schiffs- und Diesellokmotoren Informationen über deren Zustand geben und Motorenprobleme aufdecken, etwa bei der Einspritzung oder der Lagerung.

Alpha Diagnostics sei vor zwei Jahren als Spin-off mit 400'000 Franken Kapital von vier Gründern gestartet, sagt Geschäftsführer Markus Eigenmann. Bisher habe man zudem auf zwei Kreditlinien von Banken abstellen können, eine davon von der Basellandschaftlichen Kantonalbank im Rahmen des staatlich unterstützen Programms «100 fürs Baselbiet».

«Um das weitere Wachstum der Firma zu finanzieren, fassen wir nun aber eine Erhöhung des Eigenkapitals ins Auge», so Eigenmann. Kurz vor der Corona-Krise sei man schon sehr weit gewesen in den Verhandlungen für eine Minderheitsbeteiligung durch ein Unternehmen, das im gleichen Marktsegment tätig sei.

«Upbeat» – die Schweizer Startup-Serie

Unsere Startup-Serie «Upbeat» porträtiert jede Woche ein Schweizer Jungunternehmen multimedial in Print, Audio und Video. Daneben kommen die wichtigsten Investoren und Akteure der Innovationsszene zu Wort. Bleiben Sie dran, im Format Ihrer Wahl: Text, Bild und unterhaltsame Videos finden Sie jede Woche auf handelszeitung.ch/upbeat oder in den sozialen Netzwerken. Den Podcast mit vielen Tipps für Menschen, die selber in der Startup-Welt durchstarten möchten, finden Sie auf Apple Podcasts und Spotify – und überall da, wo Podcasts zu Hause sind.

Das Kerngeschäft im Auge behalten

«Leider hat das im letzten Moment nicht geklappt.» Jetzt hätten die Gründer von Alpha Diagnostics einen spezialisierten Dienstleister beauftragt, für sie nach möglichen Investoren in ganz Europa zu suchen.

Fremde Hilfe bei der Suche nach Investoren in Anspruch zu nehmen, ist für Markus Eigenmann in der Situation der Firma angezeigt. «Es geht darum, dass wir Gründer den Fokus auf dem Kerngeschäft behalten können und uns nicht ständig mit Fragen der Finanzierung befassen müssen.»

Die noch ungeklärte finanzielle Zukunft des Unternehmens könne das Team belasten. «Nicht alle sind gleich risikofreudig und risikofähig, insbesondere wenn sie Familie haben oder ein Haus gekauft haben.» Es brauche viele offene Gespräche untereinander, um die Marschrichtung der Firma zu bestimmen.

Finanzpläne stehen im Zentrum

«Die Entwicklung eines Produkts geht meistens länger und wird teurer, als man denkt.» Das sagt Thomas Dübendorfer, Präsident des Swiss ICT Investor Clubs, eines Vereins, in dem gut 300 Privatinvestoren organisiert sind und der letztes Jahr über 50 Startups finanziert hat.

Ein fundierter und realistischer Finanzplan sei darum eine wichtige Voraussetzung einer jungen Firma, um potenzielle Investoren zu überzeugen. Gründer unterschätzten aber oft den Aufwand, ein Produkt so zu gestalten, dass es gekauft werden kann.

«Es reicht zum Beispiel nicht, ein Produkt rein technisch brillant zu machen, es muss sich auch in die bestehende IT-Landschaft eines Grosskonzerns integrieren lassen können.» Dazu gehörten Aspekte wie die Verwaltung von Zugangsrechten oder die Gewährung des Datenschutzes.

Fehlendes Marketing als Stolperstein

Ein häufiger Stolperstein von Startups sei zudem eine einseitige Zusammensetzung des Teams, sagt Dübendorfer. «Es genügt nicht, nur gute Ingenieure an Bord zu haben, die aber kein Flair für Marketing und Verkauf haben.» In der Schweiz fehle es leider weitgehend an Schulen, die sowohl Ingenieur- wie Businessfähigkeiten vermitteln würden.

Überhaupt sei es ein häufiger Fehler von Startup-Gründern, dass sie zu spät und zu spärlich über ihre Firma und ihre Produkte sprechen würden. «Sie müssen frühzeitig rausgehen und den Kontakt zu möglichen Kunden suchen.»

Fakten zum Thema

44600 Unternehmen wurden 2019 in der Schweiz neu gegründet, rund 3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

89,3 Prozent der Startup-Gründer im Jahr 2016 waren Männer. Der Frauenanteil betrug also nur etwas über 10 Prozent.

2,29 Milliarden Franken wurden 2019 in der Schweiz als sogenanntes Venture Capital in Startups investiert.

54,6 Prozent der 2013 in der Schweiz neu gegründeten Unternehmen waren vier Jahre später noch aktiv.

Gespräche mit potenziellen Kunden zu führen, möglichst noch bevor ein Produkt vollständig fertig entwickelt ist, sei essenziell, betont Thomas Dübendorfer. Denn so könne man auf deren Bedürfnisse eingehen und kundengerecht arbeiten.

Dranbleiben ist wichtig

Wie wichtig es ist, frühzeitig den Kontakt zu möglichen Investoren zu suchen, haben Max Ahnen und sein Team von der Firma Positrigo in Zürich erfahren. Das Unternehmen baut neuartige Positronen-Emissions-Tomografen, um krankhafte biochemische Vorgänge im Gehirn sichtbar zu machen.

Es entstand 2017 aus einem Spin-off der ETH Zürich. «Bei der Suche nach Investoren ist es wie beim Dating», sagt Co-Gründer Ahnen. «Man muss viele Menschen kennenlernen, bis einer interessant und interessiert ist.» Wichtig sei, dass man «dranbleibe». Denn kein Investor sage gleich beim ersten Kontakt zu.

«Die potenziellen Investoren wollen die Entwicklung des Teams und des Produktes mitverfolgen und zuerst Vertrauen fassen.» Also gelte es, mögliche Geldgeber immer wieder zu kontaktieren und nach und nach zu überzeugen.

Frühzeitig Kunden einbinden

Im Fall von Positrigo hat das Networking zum Erfolg geführt. Die Firmengründer konnten Wagniskapitalgeber in der Westschweiz überzeugen, ihnen insgesamt 3,9 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. Zudem bekommen sie einen Zuschuss der EU über 2,2 Millionen Euro.

«Was sich auch gut macht, ist, wenn die Gründer eigenes Geld in die Firma eingebracht haben. Das signalisiert potenziellen Investoren, dass das Engagement echt ist.»

Stefan Steiner

Um Investoren für ein finanzielles Engagement zu überzeugen, sei es von Vorteil, wenn das Unternehmen wichtige Vorleistungen erbracht habe, sagt Stefan Steiner, Co-Managing-Director bei Venturelab. Venturelab hilft herausragenden Schweizer Startups beim Wachstum und bringt diese mit Investoren zusammen.

Sehr positiv sei, so Steiner, wenn Jungunternehmer erste Kunden präsentieren könnten, die bereit sind, ein Produkt zu kaufen, wenn es fertig entwickelt ist. «Für Investoren ist es natürlich zentral, dass sie sich für eine Sache engagieren, für die es auch einen Markt gibt.»

Gefährdete Beziehungen

Wichtig sei, dass ein Produkt skalierbar sei, sich also ohne grossen Zusatzaufwand in grossen Mengen herstellen lasse. «Was sich auch gut macht, ist, wenn die Gründer eigenes Geld in die Firma eingebracht haben», betont Stefan Steiner. «Das signalisiert potenziellen Investoren, dass das Engagement echt ist.»

Wer allerdings bei Freunden und Verwandten Geld sammelt, um eine Firma zu gründen, geht ein Wagnis ein. Denn scheitern die Businesspläne, ist nicht nur das Geld weg, sondern dann gehen meist auch bisher gute Beziehungen in die Brüche.

Tipps für Startups

So finden Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer geeignete Investoren

Team ausgewogen zusammenstellen Bei einem Startup sollten sowohl Fachexperten wie Marketingspezialisten im Team vertreten sein.

Gemeinsam für das Ziel einstehen Das Firmenteam sollte sich ohne Einschränkungen und Vollzeit für das Wohl des Unternehmens engagieren.

Auf Innovation achten Produkte, in denen geistiges Eigentum steckt und die mit Patenten gesichert sind, sind für Investoren besonders attraktiv.

Produkte skalierbar machen Ein neues Produkt sollte ohne nennenswerten Mehraufwand in grossen Stückzahlen herstellbar sein.

Ideen vorstellen Die Unternehmen müssen ihre Produktidee und ihre Firma frühzeitig bei möglichen Kunden und Investoren bekannt machen.

Anlässe besuchen Investoren-Anlässe, Startup-Veranstaltungen und Gründer-Wettbewerbe sind hervorragende Gelegenheiten, um Kontakte zu knüpfen.

Erste Kunden präsentieren Für Investoren ist es entscheidend, dass es bereits Käufer des neuen Produkts gibt.

Investoren sorgfältig auswählen Die neuen Geldgeber sollten sich in der Branche auskennen und nebst Kapital auch Know-how einbringen.

Viel Erfahrung bei der Suche nach Geldgebern hat Dominik Solenicki, Chef von Sintratec. Das Unternehmen mit Sitz im Technopark Aargau in Brugg ist 2014 gestartet und produziert neuartige 3D-Drucker für den professionellen Bereich. «Wir haben uns am Anfang schwergetan, in der Schweiz Investoren zu finden, die zu uns passen», sagt Solenicki.

Offensive Strategien um an Investoren heranzukommen

Zuerst hätten die Gründer zwar ebenfalls eigenes Geld in die Firma gesteckt. Zudem habe man über Startup-Wettbewerbe einige zehntausend Franken reingeholt. Über eine Crowdfunding-Plattform seien von späteren Kunden für eine erste Version des 3D-Druckers insgesamt 230'000 Dollar hereingekommen. Doch weil die Produktion von Hardware, wie sie Sintratec betreibt, kapitalintensiv ist, waren grössere Summen an Geld nötig.

Fündig wurde das Unternehmen in Deutschland, wo es zwei Venture-Capital-Firmen zu Investitionen bewegen konnte, die mit dem 3D-Drucker-Business vertraut sind. «Uns war wichtig, dass wir von den Investoren nicht nur Geld bekommen, sondern am Ende auch erfahrene Partner mit an Bord haben.» Insgesamt konnte Sintratec so schon 5 Millionen Franken auftreiben.

«Die Befürchtung, dass andere die eigenen Geschäftsideen stehlen, ist meist unbegründet.»

Marco Romanelli

«Man muss Leute treffen, an Events gehen und überall über das Produkt sprechen», empfiehlt Dominik Solenicki. In der Schweiz hätten viele Jungunternehmer leider Angst, dass ihnen die Ideen geklaut werden – unnötigerweise. So sieht es auch Marco Romanelli, Technologie- und Innovationsexperte beim Hightech Zentrum Aargau.

«Die Befürchtung, dass andere die eigenen Geschäftsideen stehlen, ist meist unbegründet. Denn wenn eine Idee so einfach kopierbar ist, ist sie auch nicht viel wert.» In Amerika würden Gründer viel offensiver über ihre Pläne sprechen – und so auch schneller an Investoren herankommen.

Bindung zum Investor

Generell sei der Entscheid, einen Investor zu wählen, höchst relevant für die Zukunft eines Unternehmens, sagt Marco Romanelli. «Man bindet sich und kann dann nicht mehr so einfach wechseln.» Bestehende Investoren sträubten sich oft dagegen, weitere Geldgeber zu verpflichten – wegen der Verwässerung des Aktienanteils und des Einflusses auf die Firma.

Ein grosser Vorteil sei, wenn ein Investor nicht nur Geld einbringe, sondern auch Know-how zum angestrebten Business. Wichtig sei, so Romanelli, dass Investoren und Firmengründer die gleichen Vorstellungen haben, welche Produkte sie in welcher Form anbieten und wie sich das Unternehmen entwickeln soll.

Auch müsse klar sein, wer welchen Einfluss habe. Denn schon für viele Jungunternehmer gab es ein böses Erwachen, als sie merkten, dass der Investor nun die Geschicke der Firma bestimmt – und sie selber nichts mehr zu sagen hatten.