Der Börsengang des Thurgauer Zugbauers Stadler an der Schweizer Börse ist erfolgreich über die Bühne gegangen. Die Aktien des Börsenneulings unter dem Tickersymbol SRAIL am Freitag eröffneten deutlich über dem Zuteilungspreis von 38 Franken. 

Kurz nach der Eröffnung erreichten die Aktien in der Spitze einen Kurs von 42,38 Franken. Zur Mittagszeit sank das Barometer wieder auf knapp unter 42 Franken. Die Börsenkapitalisierung beläuft sich damit aktuell auf gut 4,2 Milliarden Franken. Der Gesamtmarkt (SPI) steht fast unverändert da.

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Die Preisspanne für den Platzierungspreis war zunächst mit 33 bis 41 Franken angegeben und später wegen der grossen Nachfrage auf 36 bis 39 Franken eingeengt worden. Laut Mitteilung des Börsenbetreibers SIX handelt es sich bei Stadler um den grössten europäischen IPO seit Jahresbeginn. «Wir sind überzeugt, dass die Kotierung weitere, erfolgreiche Kapitel in der zukünftigen Unternehmensgeschichte unterstützen wird», wird SIX-Chef Jos Dijsselhof zitiert.

Spuhler senkt Anteil auf 40 Prozent

Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler, der das Unternehmen 1989 gekauft hatte, hielt bisher 80 Prozent an der Firma. Mit dem Börsengang wird sein Anteil nun auf knapp 40 Prozent sinken. Der Alt-SVP-Nationalrat will auch nach dem Börsengang Ankeraktionär und Verwaltungspräsident bleiben. Sämtliche der platzierten Aktien stammen aus seinem direkten und indirekten Besitz.

Stadler Rail: Erwartungen 2019 und 2020
  • Zum Kotierungsprospekt für den Börsengang meldet das Thurgauer Unternehmen, dass man für 2019 einen stabilen Auftragseingang erwartet – also auf dem Niveau von 4,4 Milliarden Franken des letzten Jahres. Der  Nettoumsatz könnte rund 3,5 Milliarden erreichen; davon seien gut 95 Prozent durch bestehende Aufträge gesichert. Die eine stabile Ebit-Marge solle stabil bleiben; sie lag letztes Jahr bei 7,5 Prozent. Man strebe an, für 2019 mindestens 120 Millionen Franken an Dividenden auszuschütten.
  • Für 2020 rechnet Stadler mit einem Umsatz von rund vier Milliarden Franken, von dem rund 80 Prozent durch bestehende Aufträge gesichert sind. Die Ebit-Marge werde voraussichtlich innerhalb der mittelfristig angestrebten Zielspanne von 8 bis 9 Prozent liegen.
  • Für die Jahre nach 2020 strebt Stadler an, das Nettoumsatzniveau von vier Milliarden Franken zu festigen und von dort im mittleren einstelligen Prozentbereich weiter zu wachsen.

Im Vorfeld des Börsengangs hatte sich ein grosses Interesse abgezeichnet. Die Nachfrage sei immens, hatte es am Markt geheissen. «Es gibt viel zu wenige Aktien, damit alle, die mitmachen wollen, auch etwas erhalten», hatte ein Händler bereits vor einer Woche gegenüber AWP gesagt.

Hat Stadler das Zeug zur Volksaktie?

Privatanlegern hatte er jedoch geraten, abzuwarten, wie sich die Aktie nach dem Börsenstart entwickelt. Letztlich gelte aber, dass «Stadler Rail eindeutig das Zeug zu einer Volksaktie hat», so der Börsianer.

Stadler stellt unter anderem Regionalzüge, Hochgeschwindigkeitszüge, U-Bahnen und Trams her. Eine starke Position hat das Unternehmen in Europa, wo es gemäss eigenen Angaben drittgrösster Hersteller von Schienenfahrzeugen ist. Derzeit arbeiten 8'500 Mitarbeiter für Stadler.

Wie dem Prospekt zum IPO zu entnehmen ist, zahlte die Stadler Rail AG in den letzten drei Jahren insgesamt 146 Millionen Franken an Dividenden aus. Auf Spuhler persönlich entfielen dabei anteilsmässig gut 40 Millionen, hinzu kamen über 90 Millionen, die an seine PCS Holding gingen.

Fürs laufende Geschäftsjahr strebt der Verwaltungsrat eine Ausschüttung von mindestens 120 Millionen Dividenden-Franken an, so die Unterlagen zum Börsengang. Mittelfristig möchte er eine Ausschüttungsquote von 60 Prozent des Reingewinns erreichen, was ganz im Interesse der Aktionäre sein dürfte. 

Spuhler: Der Anti-Blocher der SVP

  • Stadler-Chef Peter Spuhler ist der Stachel im Fleisch des ideologischen Flügels der SVP. Er verkörpert die andere Seite, den pragmatischen Flügel. Einst setzte Christoph Blocher Gerüchte in die Welt, wonach Stadler Rail Aufträge dank Schmiergeldern erhielt. Der Streit war ein Höhepunkt im Zerwürfnis zweier Alphatiere. Lesen Sie hier den ganzen Text unseres Bundeshaus-Redaktors Andreas Valda
     
  • «Ich bin für internationalen Handel, aber wir sollten den Chinesen schon gelegentlich die rote Linie aufzeigen. Es kann nicht sein, dass die Chinesen halb Afrika zusammenkaufen und mit Dumpingpreisen und Protektionismus Marktanteile an sich reissen. Da bin ich auf der Linie von US-Präsident Trump», sagt Spuhler im grossen Doppelinterview mit UBS-Chef Sergio Ermotti. Wo Spuhler uneins ist mit Donald Trump, lesen Sie hier im ausführlichen Gespräch, moderiert von «Handelszeitung»-Chefredaktor Stefan Barmettler.

Neben Spuhler ist weitere Wirtschaftsprominenz am Zugunternehmen beteiligt. Es sind die vier prominenten Verwaltungsräte von Stadler Rail: Der frühere Swiss-Chef und aktuelle Roche-Präsident Christoph Franz hält 1,3 Millionen Aktien. Gemessen am Ausgabepreis von 38 Franken haben diese einen Wert von fast 50 Millionen Franken.

Wirtschaftspromis beteiligt

Auf dieselbe Anzahl Aktien kommt der frühere ABB-Chef Fred Kindle. Der ehemalige Wirtschaftsminister Deutschlands, Werner Müller, wiederum besitzt Stadler Rail-Aktien im Wert von rund 38 Millionen Franken. Der deutsche CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz ist gemäss Börsenprospekt mit 150'000 Aktien am Unternehmen beteiligt. Dieses Paket entspricht ungefähr einem Wert von fast 6 Millionen Franken – gemessen am Ausgabepreis.

Begonnen hatte Spuhler einst mit einem 5-Millionen-Kredit der Thurgauer Kantonalbank. Mit dem Kapitalzufluss hat er nun zusätzliches Pulver für Zukäufe, zudem gilt die Börsenfähigkeit als Qualitätslabel, das die Kundschaft – staatliche Bahnbetreiber und nationale Regulatoren – zu beeindrucken vermag.

Zur Hand gingen Stadler beim IPO zwei Weggefährten, mit denen Spuhler seit Ewigkeiten eng verbunden ist: Der eine ist Hans-Peter Schwald, ein erfahrener Wirtschaftsanwalt und Senior Partner in der Zürcher Kanzlei Bianchi Schwald; der andere ist Kurt Rüegg, Finanzexperte beim Investmentberater Alantra, der auch in Spuhlers Familienholding PCS sitzt.

Das Trio SpuhlerSchwaldRüegg wird unterstützt von Investmentbankern der UBS und der Credit Suisse. Es sind die Bankenchefs, die sich um den prominenten Kunden und seine Bedürfnisse kümmern. Weitere Spezialisten dienen zu, darunter jene von Exane BNP Paribas.

IPO-Hausse: Viele Börsengänge enttäuschen

Derzeit wagen zahlreiche Firmen den Sprung aufs Parkett. Heute Freitag am 12. April werden erstmals die Titel von Stadler Rail in der Schweiz gehandelt (mehr hier, hier und hier.). Seit dem 9. April ist Alcon gelistet (mehr hier). Lyft ist ein Beispiel aus den USA (mehr hier).

Für Anleger stellt sich die Frage: Lohnt sich ein Investment ganz am Anfang? Ein Blick zurück: In der Schweiz zählten in den letzten zehn Jahren etwa VAT oder Cembra Money Bank zu den Kursraketen. Innert weniger Jahre verdoppelten sich hier die Kurse. Zuletzt ragten die beiden Gesundheitsunternehmen Galenica und Idorsia mit ihrer Publikumsöffnung heraus. Von den Börsenneulingen in den Jahren zuvor, zwischen 1999 und 2009, haben sich speziell Geberit und Partners Group als Überflieger entpuppt. Die Kurse ihrer Aktien haben sich seit dem jeweiligen Börsengang sogar mehr als verzehnfacht.

Doch insgesamt sieht die Bilanz der IPO in der Schweiz sehr durchzogen aus. Von den genau 42 Titeln, die in den letzten zehn Jahren am Schweizer Aktienmarkt debütiert haben, entwickelten sich nur ein halbes Dutzend ganz nach dem Geschmack der Investoren. Mit Abstand am besten vom Fleck kamen neben VAT und Moneypark noch die Glarner KB, Hiag, Orior und Cassiopeia. Sieben einstige Hoffnungsträger büssten dagegen 40 Prozent ihres Emissionspreises ein, Blackstone, Evolva und EFG sogar über 80 Prozent.

Für Anleger gilt: Ohne sorgfältige Auswahl geht bei IPO-Aktien nichts, wie die Flops mit Aktienneulingen im Rückblick auf die letzten 25 Jahre gezeigt haben. Mehr lesen Sie hier.

(bsh, mit Material von awp)