Arbeitskräftemangel, unterbrochene Lieferketten, schnell steigende Zinsen, Corona-Krise, Remote-Management, zunehmende Technologisierung und trübe Wirtschaftsaussichten für das laufende Jahr. Die Arbeitswelt hat sich nachhaltig verändert, und dies in einem selten dagewesenen Tempo. Traditionelle Ansätze und Planungsmethoden genügen nicht mehr, um die Fülle der Veränderungen zu bewältigen – und vor allem nicht in der Kürze der Zeit. Noch nie waren die CEO so gefordert wie in der heutigen Zeit. Die zentrale Frage lautet: Über welche unabdingbaren Fähigkeiten und Kenntnisse muss ein oder eine CEO verfügen, um ein Unternehmen erfolgreich führen zu können?

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Schlüsselkompetenzen

Um all die aktuellen und künftigen Herausforderungen erfolgreich zu meistern, sollten CEO über folgende fünf Schlüsselkompetenzen verfügen – oder sie in absehbarer Zeit aufbauen:

1. Sinnstiftung und Mitarbeitendenentwicklung

Bereits in wenigen Jahren werden die Unternehmen mehrheitlich mit einer anderen, neuen Generation von Mitarbeitenden zusammenarbeiten. Die Millennials bekleiden dann einen Grossteil der Managementpositionen, und die Generation Z wird die Mehrheit der Workforce ausmachen. Diese Generation vertritt andere Werte und Ansätze, und die CEO müssen eine «Sprache» finden, die von dieser Generation verstanden und akzeptiert wird, ohne die ältere Generation zu verlieren. Verschiedene Altersklassen, Kulturen und Wertvorstellungen bergen Konfliktpotenzial. Der Sinnhaftigkeit der Arbeit kommt darum zentrale Bedeutung zu. Schafft es ein CEO nicht, aus der Unternehmensvision den sinnstiftenden Beitrag jedes und jeder Einzelnen – ungeachtet der Hierarchiestufe – aufzuzeigen, wird dies einen negativen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben.

Neben der Sinnhaftigkeit der Arbeit kommt auch der Mitarbeitendenentwicklung eine zentrale Bedeutung zu, denn die Strategieumsetzung verläuft effizienter bei höherer Teamkompetenz. Gerade in Zeiten, in denen kompetente Fachkräfte nur schwer am Markt zu rekrutieren sind, ist das eigene Mitarbeitendenpotenzial vollumfänglich zu nutzen. Konstantes Lernen und gelernte Fähigkeiten unmittelbar praxisbezogen anzuwenden, bringt die Organisation und die Prozesse eines Unternehmens unmittelbar vorwärts. Die Mitarbeitenden fühlen sich bestätigt, und durch ihr Handeln leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Unternehmensmission, was wiederum sinnstiftend ist.

Über den Autor

Arnold Marty war über zwanzig Jahre als CEO in den verschiedensten Branchen und Firmen tätig und hat die Herausforderungen dieser Position aus erster Hand kennengelernt.

Seit 2022 ist er Partner bei der Roy C. Hitchman AG.

2. Tiefes Verständnis der neuen Technologien

Der Tech-Boom der letzten Jahre hat zu fundamentalen Veränderungen der Businessmodelle und unserer Arbeitswelt geführt. Technologie ist aus keiner Industrie und keinem Arbeitsbereich mehr wegzudenken: künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning (ML), Robotics, Automatisierung, Cloud Computing oder Digitalisierung, um nur die wichtigsten zu nennen, prägen unseren Alltag. All diese Technologien können, richtig angewendet, zu enormen Effizienzgewinnen und Wettbewerbsvorteilen führen. Natürlich kreieren diese Technologien neue Probleme wie Datensicherheit, Datenschutz oder auch ethische Fragen, die zu klären sind. Die erfolgreiche CEO muss sich mit diesen Themen vertieft auseinandersetzen und in der Lage sein, zu entscheiden, wie sie diese Technologien zum Nutzen des Unternehmens, der Mitarbeitenden und der erweiterten Stakeholder einsetzt.

3. Dezentrales Leadership und Zusammenarbeiten

Die Digitalisierung und Technologisierung der letzten Jahre haben die Arbeitswelt markant schneller gemacht. Um diese Schnelllebigkeit aufzunehmen, mussten starren Hierarchien aufgebrochen werden. Ein Umstand, der viele Führungskräfte und auch CEO vor massive Herausforderungen gestellt hat. Das jährliche Strategiemeeting, bei dem die Aufträge ans Management verkündet wurden, gehört der Vergangenheit an. Die allermeisten Lösungen zu Problemstellungen werden heute im Kollektiv erarbeitet. Die Methoden, die dabei angewendet werden, können oft unter «Agile Führung» oder «Design-Thinking-Ansätzen» subsumiert werden. Agile Führung hilft den Unternehmen, sich möglichst rasch an die sich schnell ändernden Herausforderungen anzupassen. Wichtig ist, hierarchisches Denken abzubauen und den Mitarbeitenden auf Augenhöhe zu begegnen. Diese Führungsmethode wird derzeit in vielen Unternehmen intensiv diskutiert – und polarisiert entsprechend stark.

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4. Wachstums-Mindset

Damit Unternehmen unter schwierigen Marktbedingungen nachhaltig wachsen können, müssen sich CEO von fixen Denkmustern lösen. Die ausschliessliche Fokussierung auf im Voraus festgelegte Strategien, Ziele und Ergebnisse reichen heute nicht mehr aus. Vielmehr ist eine wachstumsorientierte Denkweise gefragt, die sich auf die Optimierung der Prozesslandschaft und das kontinuierliche Übertreffen der gesetzten Ziele konzentriert. Selbstverständlich dürfen die Zahlen und KPI nie ausser Acht gelassen werden, aber mit einer wachstumsorientierten Denkweise fordert man sein Team heraus, stetig besser zu werden und sich weiterzuentwickeln. In der Praxis ist dies nicht immer einfach zu erreichen, denn es handelt sich um fundamentale Kulturveränderung, die nicht nur die Mitarbeitenden fordert, sondern vor allem auch das Management. Der Veränderungs- und Weiterbildungsprozess sollte folglich top-down passieren, und er muss mit einer gesunden Fehlerkultur einhergehen. Ziel sollte es sein, ein Team von verantwortungsbewussten und furchtlosen Entdeckern und Entdeckerinnen zu schaffen, die aus eigenem Antrieb versuchen, die Grenzen auszuloten und entsprechend ihre Ziele zu erreichen oder gar zu übertreffen. Wenn es um Team-Performance geht, ist dies ist der grösste Multiplikator von CEO.

5. Ausgeprägtes Stakeholder-Management

Während die Mitarbeitenden immer jünger werden, werden die Geschäftsleitungsmitglieder immer älter (Durchschnittswert 2022: 53 Jahre; 2011: 50 Jahre). Das Durchschnittsalter von Verwaltungsratsmitgliedern in der Schweiz liegt seit 2011 unverändert bei 59 Jahren. Es liegt auf der Hand, dass die oben beschriebenen Themen nicht unbedingt die DNA dieser Gremien prägen. Das heisst, ein CEO muss dieses Gedankengut sowohl auf Stufe Geschäftsleitung sowie gegenüber dem Verwaltungsrat thematisieren und verankern. Ein Unterfangen mit extrem hohem Konfliktpotenzial, das CEO nicht selten isoliert. Es lohnt sich, nicht gleich die Inhalte zu fokussieren, sondern sich zunächst mit den verschiedenen Stakeholdern und deren Bedürfnisse und Erfahrungen intensiv auseinanderzusetzen. Auch hier gilt: Unbekanntes kann Ängste auslösen und zu irrationalen und unkontrollierbaren Diskussionen führen.

Nebst der eigenen Organisation werden die externen Interessengruppen immer wichtiger, und zwar nicht erst seit den Debatten um ESG (Environment, Social, Governance) und CSR (Corporate Social Responsibility). Die Ansprüche der Gesellschaft an die Unternehmen in Bezug auf ökologisches und verantwortliches Handeln haben in den letzten Jahren exponentiell zugenommen. Themen wie Umweltschutz, CO2-neutrales Handeln, Einhaltung von Antidiskriminierungsrichtlinien und Arbeitsgesetzen oder etwa auch Produkthaftung sind grösstmögliche Beachtung zu schenken. Ein extrem breites Feld, das ebenfalls viel Chancen- und Risikopotenzial in sich birgt. Verfehlungen ethischer Grundsätze werden heute über soziale Medien innerhalb von Sekunden publik und können für ein Unternehmen existenzbedrohend sein. Umsichtige CEO haben diese Themen ebenfalls auf ihrer Agenda und planen proaktiv entsprechenden Strategien und Massnahmen.

Vorteile der Anpassung

CEO, die über die oben geforderten Fähigkeiten verfügen, werden ihr Unternehmen nicht nur zu nachhaltigem Wachstum führen, sondern auch ihr Mitarbeitendenengagement verstärken und die Organisation als Ganzes resilienter, agiler und schneller machen. Damit werden sie die Wettbewerbsposition ihrer Firma stärken und gleichzeitig die Unternehmensrisiken minimieren.