Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldpolitik der Konjunktur im Euro-Raum angepasst. Vor einigen Tagen kündigten die europäischen Währungshüter an, die Null-Prozent-Leitzinsen mindestens bis Jahresende nicht anzutasten.

EZB-Präsident Mario Draghi ist dennoch zuversichtlich, dass sich die Wirtschaft in der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte noch erholen könnte. Dafür sorgen vor allem globale Faktoren, welche die Konjunktur in den vergangenen Monaten bremsten. Die Gefahr eines harten Brexit oder eines globalen Handelskriegs seien hingegen noch nicht gebannt. 

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Die Hoffnung, dass der Wirtschaftsabschwung nicht so stark ausfällt, wie vermutet – vor allem in Europa – beflügelt den Euro. Analysten von UBS und Morgan Stanley rechnen damit, dass einige Faktoren den Euro in den kommenden Monaten um 4 Prozent in die Höhe treiben könnten. Konkret: die absehbare Einigung im Handelsstreit, ein stärkeres Wachstum der europäischen Wirtschaft und der Weltwirtschaft. 

Der Euro steigt nicht nur zum Dollar: Auch gegenüber dem Franken legt die europäische Währung seit zwei Wochen tendenziell zu: Derzeit kostet ein Euro 1,13 Franken. Seit Jahresbeginn hat der Euro gegenüber dem Franken fast ein Prozent gewonnen. Nur Ende März fiel der Kurs kurzeitig auf 1,11 – den tiefsten Stand in fast zwei Jahren. 

Tiefere Zinsen in der Schweiz

Das hat wohl auch SNB-Präsident Thomas Jordan am Wochenende dazu bewegt, noch tiefere Leitzinsen anzudrohen für den Fall, dass die Lage das erfordert. Hinter seiner Aussage bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) dürfte vor allem die Sorge stecken, dass der Euro gegenüber dem Franken weitere Schwächeanfälle bekommen könnte.

Doch danach sieht es nun nicht mehr aus und wenn sich die Wirtschaftsaussichten in Europa aufhellen, zieht auch die Schweizer Konjunktur nach. Dann bräuchte die SNB auch keinen weiteren Spielraum und müsste die Negativzinsen nicht noch weiter senken. 

Denn obwohl seit Monaten vor einer globalen konjunkturellen Abkühlung gewarnt wird – in der Eurozone wird nur noch ein BIP-Wachstum von rund 1 Prozent in diesem Jahr erwartet –, gibt es Anzeichen, dass der Abschwung weniger schlimm ausfällt als befürchtet. 

Für den Optimismus bei den Währungsexperten sorgen vor allem Detailhandelsumsätze und Industrieproduktion. Letztere war Anfang des Jahres um fast 2 Prozent in der Eurozone gestiegen, und auch der Einzelhandel zieht wieder etwas an. Die UBS-Analysten rechnen sogar damit, dass der Euro bis Jahresende auf 1,20 Dollar ansteigt.

Positive Aussichten stärken Euro

Wertet der Euro gegenüber dem Franken auf, freut das auch die Schweizer Exporteure. Seit Anfang 2015 hatten sie wegen der Frankenstärke auf Marge verzichten müssen. Die Schwelle von 1,20 hatte der Wechselkurs zuletzt vor einem Jahr erreicht. Eine weitere Aufwertung des Euro wäre somit positiv für die Schweizer Wirtschaft.

Ob die Währungsexperten recht haben, könnte sich bereits in einigen Tagen bestätigen, wenn der neue Einkaufsmanagerindex für die Eurozone erscheint. Dieser könnte erste Anzeichen dafür geben, dass die konjunkturelle Erholung aus China nach Europa schwappt. Trotz des Handelskonflikts mit den USA sind die chinesischen Exporte im März wieder gestiegen, und zwar so kräftig wie seit knapp einem halben Jahr nicht mehr. Die Angst vor einem Abschwung in China hat sich damit wieder etwas gelegt. Und davon profitiert vielen Analysten zufolge vor allem der Euro. 

So blickt auch die Börse blickt wieder zuversichtlicher auf die Konjunktur in Europa. Das heute veröffentlichte Konjunkturbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ist auf dem höchsten Stand seit einem Jahr. Demnach erwarten die befragten Analysten und Anleger, dass sich die Weltwirtschaft nicht so schlecht wie bisher erwartet entwickelt. Dazu könnte auch die Verschiebung des Brexit-Termins beigetragen haben.